EU:Neue Strategie gegen Massenvernichtungswaffen

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Die 15 EU-Nationen sind künftig gegenüber Staaten, die sich entgegen internationaler Verträge an der Verbreitung von ABC-Waffen beteiligen, zum Einsatz militärischer Gewalt bereit.

Christian Wernicke

(SZ vom 17.6. 2003) - Die Drohung mit Krieg "als letztem Mittel" ist Teil einer neuen Strategie, die Europas Außenminister am Montag in Luxemburg verabschiedeten.

Allerdings wollen die Europäer "den Gebrauch von Gewalt" nur im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen erwägen. Dabei müsse der UN-Sicherheitsrat weiterhin "eine zentrale Rolle" spielen.

Forderungen an den Iran

In einer weiteren Erklärung forderten die Minister Iran auf, "ohne Verzögerung und vollständig" alle Fragen zu Teherans Nuklearprogramm zu beantworten und die entsprechenden Pläne sofort offen zu legen.

Um den Verdacht zu zerstreuen, Teheran strebe nach einer Atombombe, solle die iranische Regierung ein Zusatzprotokoll für Kontrollen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) unterzeichnen.

Mit ihrer neuen "EU-Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen" wollen die Europäer verhindern, in internationalen Krisen ähnlich zerstritten zu erscheinen wie im Fall des Irak-Krieges.

Vor allem Großbritannien hatte darauf bestanden, "Gewalt als letztes Mittel" zu billigen. Nach Auskunft von Diplomaten hatte die Bundesregierung in Verhandlungen dagegen "kaum Widerstand" angemeldet.

In einem umfangreichen "Aktions-plan" listen die EU-Staaten jedoch zahlreiche friedliche Maßnahmen auf, die zunächst zum Einsatz kommen sollen. So will die EU als Garant regionaler Sicherheitsabkommen den Drang nach ABC-Waffen einschränken. Staaten, die sich internationalen Kontrollen unterwerfen, werden Handelsvorteile und Entwicklungshilfe in Aussicht gestellt.

Bei andauernden Verstößen droht die EU hingegen mit Exportsanktionen und "Zwangsmaßnahmen".

Dies, so heißt es im Strategiepapier, sei nötig, weil sonst die Glaubwürdigkeit internationaler Abkommen gegen die Verbreitung von atomaren, biologischen und chemischen Waffen untergraben werde.

Außenminister Joschka Fischer erklärte am Montag, er betrachte das Atomprogramm Irans "mit großer Sorge", und forderte Teheran auf, schärfere internationale Kontrollen zuzulassen.

Verhandlungen mit Teheran

Die EU-Regierungen verhandeln derzeit mit Teheran um ein Handels- und Kooperationsabkommen.

Dabei machen sie Zollvorteile für iranische Exporte von Zugeständnissen in Fragen der Menschenrechte und bei der Bekämpfung des Terrorismus sowie von einer Unterstützung des Friedensprozesses im Nahen Osten abhängig.

Nach Meinung von Diplomaten bilden die Verhandlungen mit Iran "bereits den ersten Test für die EU-Strategie" gegen die Verbreitung von ABC-Waffen.

In einer Erklärung zu Iran verzichteten die EU-Außenminister am Montag allerdings darauf, schon jetzt mit einem Abbruch der Gespräche zu drohen. Die USA hatten Teheran bereits mehrfach einen Verstoß gegen internationale Abkommen vorgeworfen.

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