EU-Kommissar kritisiert Moskau:"Russland und die EU misstrauen einander"

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EU-Handelskommissar Mandelson sieht die Beziehungen zwischen Russland und der EU auf dem Tiefpunkt. Auf der Liste seiner Kritik: wiederkehrende Stopps von Öl- und Gaslieferungen sowie Schläge gegen Moskauer Demonstranten.

Alexander Hagelüken

EU-Handelskommissar Peter Mandelson kritisiert die russische Regierung in scharfer Form. "Russland und die Europäische Union misstrauen und missverstehen einander wie noch nie seit dem Ende des Kalten Kriegs", will Mandelson an diesem Freitag in einer Rede sagen, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Der Vertraute des britischen Regierungschefs Tony Blair wirft der Regierung in Moskau "heftige, zentralisierte politische Kontrolle" und Eingriffe in die Wirtschaft vor. "Manche verwechseln die erwünschte Herrschaft des Rechts mit einem Recht des Herrschers", Kremlchef Wladimir Putin.

Gerade während die EU und Russland ein neues Partnerabkommen aushandeln wollen, häufen sich die Konflikte wegen des Moskauer Stopps von Öl- und Gaslieferungen, Übergriffen gegen Demonstranten und Morden an regimekritischen Journalisten. "Unsere Forderungen nach Meinungsfreiheit oder Pluralismus sind richtig und wir sollten sie auch äußern", heißt es in Mandelsons Redetext für einen Kongress in Bologna.

Ungewohnt deutlich kritisiert der Kommissar auch, dass Putin wichtige Teile der russischen Wirtschaft unter staatliche Kontrolle gezwungen hat. "Russland wird im 21. Jahrhundert stark werden, wenn der Staat aus der Wirtschaft aussteigt, statt einzusteigen." Das Land dürfe sich nicht auf seine Öl- und Gaseinnahmen verlassen. Er forderte Reformen, um eine "unabhängige, transparente Herrschaft des Rechts" zu schaffen. Ohne einen Rechtsstaat werde das Land in der "trügerischen Stärke eines Petro-Staates" gefangen sein.

EU-Kommissar fordert Schutz vor Lieferstopps

Mandelson verlangt rechtliche Garantien, die die verunsicherten EU-Bürger vor dem plötzlichen Lieferstopp von Öl und Gas schützen soll. Solche Garantien verweigert Putin. "Europa will Energiesicherheit und Russland würde davon profitieren, wenn eine Einigung zustande kommt."

Unzufrieden zeigt sich der Kommissar mit den Verhandlungen über einen Beitritt des weltgrößten Staates zur Welthandelsorganisation WTO. EU-Fachleute werfen den Russen vor, längst gegebene Zusagen für den Abbau von Exportsteuern nicht einzuhalten.

Zu einem gewissen Teil macht der britische Kommissar auch die EU-Staaten für das schlechte Verhältnis verantwortlich. Die Zerissenheit der Politik gegenüber Russland sei in den vergangenen Jahren alarmierend gewesen. "Kein anderes Land enthüllt so sehr unsere internen Differenzen". Die Europäische Union müsse einiger auftreten. Während ehemalige Ostblock-Staaten wie Polen Russland stark misstrauten, rieten die westlichen EU-Länder zur Mäßigung. Die EU müsse sensibler mit russischen Gefühlen der Verwundbarkeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion umgehen, findet Mandelson. "Das heißt aber nicht, dass wir eine russische Interessensphäre in Teilen des europäischen Kontinents anerkennen."

© SZ vom 20.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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