Etablierte Parteien:Nutzlose Werte

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Präsident Hollande bekommt die höchste Zustimmung seit seiner Wahl. Für seine Sozialistische Partei wirkt sich das jedoch nicht aus.

Von Christian Wernicke

Nie war er so populär wie heute: 50 Prozent der Franzosen bekundeten in einer Umfrage, sie seien zufrieden mit ihrem Präsidenten. So gute Werte genoss François Hollande zuletzt im Sommer 2012, in den verblühten Tagen des sozialistischen Wahlsiegs. Der plötzliche Sympathieschub - plus 22 Prozentpunkte in einem Monat - gilt dem Kriegspräsidenten: Das Volk zollt dem Staatsoberhaupt Respekt, das seit dem Terror vom 13. November eine Nation im Notstand lenkt.

Nur, parteipolitisch liegt der Nutzwert von Hollandes Popularität bei null. Alle Umfragen prophezeien den regierenden Sozialisten (PS) bei den Regionalwahlen an diesem Wochenende ein erneutes Desaster: Im ersten Wahlgang dürften die Sozialisten im Durchschnitt Dritte werden, abgeschlagen (22 %) hinter dem rechtspopulistischen Front National (30 %) und den konservativen Republikanern (29 %). Die Linke schwächen sich selbst, PS, Grüne und Linksfront konkurrieren oft auf getrennten Listen. Vielleicht drei, höchstens fünf der 13 neu zugeschnittenen Regionen wird der PS nach dem zweiten Durchgang der Wahl am 13. Dezember regieren. Momentan kontrolliert die Linke 20 der 22 Regionen.

Auch die etablierte Partei auf der Rechten, die konservativen Republikaner, muss eine Schlappe befürchten. Noch im Frühherbst lautete das Ziel, acht, gar neun Regionen zu erobern. Inzwischen müssen die Republikaner bangen, nach dem zweiten Wahlgang nur in fünf Regionen Stärkste zu sein. Für Parteichef Nicolas Sarkozy wäre das eine persönliche Schlappe: Bisher rühmte sich der Ex-Präsident, nur er könne mit seinem Ruf als Politiker von Recht und Ordnung den Vormarsch des Front National (FN) stoppen.

Spannend wird, wie die Etablierten auf einen FN-Triumph am Sonntag reagieren. Das Wahlrecht erlaubt, vor dem zweiten Durchgang Listen zu fusionieren - oder ganz zu verzichten. Premier Manuel Valls forderte seine Sozialisten auf, als Drittplatzierte zur Not eigene Kandidaten zurückzuziehen und zur Wahl gemäßigter Republikaner aufzurufen. Viele PS-Politiker lehnen eine "Republikanische Front" aber strikt ab. Auch Sarkozy verweigert sich Anti-FN-Bündnissen. "Ni-ni", sagt er, "weder-noch": Republikaner sollten weder Le Pen noch Sozis wählen. Das Risiko ist, dass am Ende der FN gewinnt.

© SZ vom 05.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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