Entwicklungspolitik:Marktplatz Afrika

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Die Industrieländer wollen Afrika mit neuen "Partnerschaften" helfen. Das klingt nach Augenhöhe, also positiv. Doch tatsächlich geht es bloß um die Länder, in denen gute Geschäfte winken. Notleidende Staaten bleiben außen vor.

Von Michael Bauchmüller

Wenn die Mächtigen der Welt das schlechte Gewissen überfällt, wenn die G 7 oder die G 20 beweisen wollen, dass sie mehr sind als Klubs zur Absicherung des eigenen Einflusses - dann schlägt die Stunde Afrikas. Da macht die deutsche Präsidentschaft im Industrie- und Schwellenländerzirkel G 20 keine Ausnahme. Eine "Partnerschaft mit Afrika" hat die Bundesregierung ausgerufen; Reich und Arm sollen "in eine gemeinsame Zukunft investieren". Und das mit Betonung auf letzterem: dem Investieren.

Vieles daran wirkt charmant: "Partnerschaft", das klingt nicht mehr nach der "Entwicklungshilfe" des 20. Jahrhunderts. Das klingt nach Augenhöhe, nicht nach Abhängigkeit. Wer Reformen angeht und der Wirtschaft das Leben erleichtert, der wird reichlich belohnt - durch finanzielle Hilfen, aber auch durch neue Investitionen aus der privaten Wirtschaft. Deutsche Firmen etwa können sich beim Staat leichter gegen Risiken absichern, wenn sie sich in den Partnerländern engagieren. Mehr Investitionen sollen mehr Handel auslösen und damit mehr Wohlstand. So weit die schöne Idee.

Die Wirklichkeit ist härter. Denn die Zielländer der G 20 heißen Marokko, Tunesien, Ghana - allesamt Staaten, die zuletzt viel in die eigene Zukunft investiert haben. Viele von ihnen haben in den vergangenen Jahren ihre Institutionen reformiert und wollen Geld in Infrastruktur stecken - schon deshalb sind sie interessant für Investoren. Die Bewohner jener Länder aber, die derzeit am stärksten unter dem "Fluch der Ressourcen" leiden, die sich allein auf Einkünfte etwa aus dem Öl verließen und nun unter gefallenen Rohstoffpreisen leiden, bleiben zurück; genauso wie die Leidtragenden von korrupten Regierungen, von Hungersnöten oder Bürgerkriegen. Nigeria, Swasiland oder Somalia: Die Problemfälle Afrikas sind keine Partner für die entwickelte Welt.

Mit den neuen "Partnerschaften" droht doch wieder Ausbeutung

Dieser Fokus der G 20 auf die "Reformchampions" ist auf den ersten Blick nicht verwerflich. Er interpretiert das Diktum von der "Hilfe zur Selbsthilfe" neu und belohnt Reform mit Investment. Meinten die 20 es aber ernst, müssten sie ihre Entwicklungspolitik völlig umkrempeln. Allen voran China betreibt Hilfe für Afrika nach wie vor zur Sicherung der eigenen Rohstoffbasis. So entstehen Partnerschaften, die gerade nicht der Entwicklung dienen, sondern allein Interessen befriedigen: Der eine bekommt Geld, der andere Bodenschätze. Das verfestigt Ungleichheit, statt sie zu beseitigen. Auch die Europäer denken zuerst an sich: Die neuen Handelsabkommen mit Ländern Afrikas (sie heißen "Partnerschaftsabkommen") sollen den Marktzugang für Europas Waren erleichtern. Wenn der Wohlstand Afrikas wächst, dann bitte mit Volkswagen statt mit Toyota.

Das weckt einen schlimmen Verdacht: Nicht Afrika an sich ist für die G 20 von Interesse, sondern jene Staaten, die als Absatzmärkte taugen. Die Partnerschaften werden so zum kleinsten gemeinsamen Nenner der Industrie- und Schwellenländer: Wo gute Geschäfte winken, da ist jeder gern dabei. Der große Rest des Kontinents bleibt bestenfalls ein Fall für die humanitäre Nothilfe. Auch darf weiter Milliarde um Milliarde an Kapital ungehindert aus Afrika abfließen - etwa in die G-20-Staaten.

So steht auch die deutsche Initiative nur auf einem Bein. Sie unterstützt jene, die schon weit gekommen sind, lässt die anderen aber zurück. Und sie eröffnet Chancen vor allem für Investoren. Keine Frage: Gute Infrastruktur, integere Institutionen, solide (Aus-)bildung und eine Wirtschaft, die den Ketchup selbst herstellt, statt rohe Tomaten zu exportieren - all das ist Voraussetzung für echte Entwicklung. Nur müssen die Renditen dann auch bei jenen bleiben, die sie erwirtschaften. Sonst verdient die Partnerschaft den Namen nicht.

© SZ vom 13.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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