Ende der Isolation:Wettlauf der Gipfelstürmer

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Nicht nur Donald Trump will sich nun ganz schnell mit dem lange geächteten Machthaber Kim Jong-un treffen.

Von Christoph Neidhart

Dies sei nun wirklich nicht die Zeit, mit Nordkorea zu reden, kritisierte Japans Regierung den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in. Das war vor drei Wochen, nachdem Seoul einen Gipfel mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un angekündigt hatte. Japans Premier Shinzo Abe, der US-Präsident Donald Trumps Drohung, "Feuer und Zorn" über Nordkorea niedergehen zu lassen, sich zu eigen gemacht hatte, forderte weiter "maximalen Druck". Doch drei Tage später überrumpelte Trump die Welt - und Abe - mit seiner Zusage, er wolle Kim ebenfalls treffen.

Ob der Gipfel zwischen Trump und Kim zustande kommt, ist nicht klar. Trump hat seinen Außenminister und seinen Sicherheitsberater gefeuert, ihre Nachfolger gelten nicht als Anhänger der Diplomatie. Die Vorbereitung für den Gipfel zwischen Moon und Kim dagegen laufen. Am Donnerstag treffen sich Delegationen beider Koreas zur Detailplanung. Der Termin wird demnächst bekanntgegeben.

Der US-Präsident hat seinen Freund Shinzo Abe im Regen stehen lassen

Obwohl Abe sich Trump immer wieder angedienert hat - er pilgerte schon kurz nach dessen Wahl in den Trump-Tower -, ließ ihn das Weiße Haus bei der Ankündigung des Kim-Trump-Gipfels im Regen stehen. Abe wusste von nichts. Und anders als Südkorea und die EU hat Trump Japan auch nicht von den neuen Stahlzöllen befreit. Abe, der wegen mehrerer Skandale zu Hause unter Druck steht, machte deshalb eine Kehrtwende: Er will Kim nun ebenfalls treffen.

Dem bisher isolierten Nordkorea stehen offenbar Monate hektischer Diplomatie bevor. In Seoul diskutiert man über einen Dreiergipfel mit Kim und Trump. Auch die hohen Besucher aus Nordkorea in Peking dürften künftig weniger geheime Treffen vorbereiten. Und Russland wird nicht lange auf sich warten lassen.

Kim wird für seine Kurskorrektur, die er im November ankündigte, als er sagte, die Waffenentwicklung sei abgeschlossen, mehrere Gründe haben. Die Sanktionen sind nicht der wichtigste. Nordkorea hat sie stets umgangen. Aber sein Land kann sich in der Isolation wirtschaftlich kaum entwickeln. Kim dürfte es gerade so weit öffnen, dass seine Herrschaft ungefährdet bleibt. Dazu stützt er sich auf seine Waffen: Sie sollen den Erhalt seines Regimes garantieren, nach außen wie nach innen.

Auch das plötzliche Interesse der Nachbarn, nun mit Nordkorea zu sprechen, lässt sich nur teilweise mit der militärischen Bedrohung erklären, die manche Experten ohnehin für überschätzt halten. Abes Mentor, der damalige japanische Premier Junichiro Koizumi, besuchte Pjöngjang bereits 2002 und 2004 zu Gesprächen mit Kims Vater. Dabei ging es einerseits um nach Nordkorea verschleppte Japaner, innenpolitisch ein emotionales Thema. Aber es ging auch um die Wirtschaft, wie bei den innerkoreanischen Gipfeln 2000 und 2007 ebenfalls. Bis vor zwei Jahren beschäftige Südkorea im Industriepark Kaesong nördlich der innerkoreanischen Grenze 53 000 Nordkoreaner.

Das galt nur als Anfang. Nordkorea ist, wenn es sich öffnet, der letzte große Preis in Asien. Dem Land, das dann die beste Startposition hat, bieten sich auf Jahre billige Produktionsmöglichkeiten. Und es würde sicher Aufträge für große Infrastruktur-Projekte erhalten. Nordkorea muss totalsaniert werden.

© SZ vom 28.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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