Einigung bei Erbschaftsteuer:Stiller Frieden nach viel Kriegsgeschrei

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Im April warnte die SPD wegen des Streits um die Erbschaftsteuer noch vor dem Koalitionsbruch. Nun hat die Regierung diskret zu einem tragfähigen Kompromiss gefunden.

Claus Hulverscheidt

War da was? Es ist noch keine fünf Monate her, da warnte der SPD-Vorsitzende Kurt Beck, der Streit über die Erbschaftsteuer könne für seine Partei zum "casus belli" werden, also zum Auslöser eines Koalitionsbruchs. Von solch martialischen Tönen ist längst nichts mehr zu hören, im Gegenteil: Still und diskret hat sich die damals eingesetzte Arbeitsgruppe unter Leitung von Finanzminister Peer Steinbrück und Hessens Ministerpräsident Roland Koch auf ein Konzept verständigt, das sowohl Union als auch SPD mittragen können.

Die Eckdaten des Kompromisses, wie sie sich jetzt abzeichnen, sehen so aus: Grundstücke und Häuser werden gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts künftig zu Marktpreisen und damit deutlich höher bewertet als bislang. Im Gegenzug werden die Freibeträge für die engsten Angehörigen des Verstorbenen deutlich angehoben und die Steuersätze ebenso kräftig gesenkt.

Unter dem Strich bleibt für Ehegatten, Kinder und Enkel damit ein Plus. Das Gleiche gilt für Firmenerben, die künftig einen Großteil der Steuerschuld erlassen bekommen, wenn sie den Betrieb fortführen. Verlierer der Reform sind dagegen alle anderen Erben. Sie werden von 2008 oder 2009 an erheblich mehr zahlen müssen.

All jene, welche die Erbschaftsteuer aus prinzipiellen Gründen ablehnen, werden auch diesen Kompromiss als ungerecht empfinden. Ihr Hauptargument lautet, dass sich der Staat an einem Vermögen bereichert, das er im Zuge der Einkommens- oder der Kapitalertragsbesteuerung bereits einmal oder gar mehrmals belastet hat.

Bemerkenswertes Ergebnis

Dieses Argument ist jedoch falsch, denn bei der Erbschaftsteuer wird ja gerade nicht das Vermögen des Verstorbenen ein letztes Mal geschmälert, sondern das seiner Erben. Ihnen fällt es ohne jedes eigene Zutun in den Schoß, es gibt also keinen Grund, warum der Fiskus nicht zugreifen sollte.

Dies ist umso schlüssiger, je weiter entfernt der Erbe mit dem Erblasser verwandt war. Aber selbst bei Kindern und Enkeln verliert es seine Gültigkeit nicht, weshalb auch in diesen Fällen eine - wenn auch maßvollere - Besteuerung legitim ist.

Die einzige Ausnahme bildet der Ehepartner: Bei ihm ist der Doppelbesteuerungsvorwurf berechtigt, da er das Vermögen in der Regel gemeinsam mit dem Verstorbenen aufgebaut hat. Dass sich die Koalitionsarbeitsgruppe dennoch nicht dazu durchringen konnte, den Partner von der Steuer freizustellen, hat allein finanzielle Gründe: Ein erheblicher Teil des Steueraufkommens von zuletzt rund vier Milliarden Euro pro Jahr wäre weggebrochen.

Trotzdem hat das erfahrene Verhandler-Duo Koch/Steinbrück ein Ergebnis zustande gebracht, das nicht nur die Vorgaben aus Karlsruhe umsetzt, sondern durch die stärkere Differenzierung zwischen den Verwandtschaftsgraden die Legitimation der Erbschaftsteuer sogar noch erhöht. Angesichts des Kriegsgeschreis vom April ist das ein durchaus bemerkenswertes Ergebnis.

© SZ vom 21.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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