E-Roller:Coole Scooter

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Nach dem Berliner Kabinettsbeschluss hofft die Branche, dass Elektro-Roller bald auch in Deutschland als hip gelten - und als praktisch dazu. Manche spekulieren auf einen Erfolg wie mit den E-Bikes.

Von Uwe Ritzer

Bekannt ist die Firma Metz über Jahrzehnte als Herstellerin von Fernsehern und Blitzgeräten für Fotoapparate gewesen. Doch seitdem das Unternehmen 2015 im Zuge einer Insolvenz in zwei Teile gesplittet und an unterschiedliche Eigentümer verkauft wurde, werden auf dem Fabrikgelände am Rande der fränkischen Kleinstadt Zirndorf auch Produkte entwickelt, zusammengebaut und unter dem Markennamen Metz verkauft, die weder mit Fernsehen noch mit Fotografie irgendetwas zu tun haben: Tretroller mit Elektroantrieb.

Eigentlich wollte Metz bereits 2018 mindestens 10 000 seiner "Moover" verkaufen. Doch die unklare zulassungsrechtliche Lage bremste die Franken genauso wie andere Hersteller aus. Anstatt beispielsweise auf den ersten oder letzten paar Hundert Metern zwischen Zuhause, U- oder S-Bahn und Arbeitsplatz auf öffentlichen Straßen und Wegen hin und her zu kurven, durfte auch die Metz-Kundschaft lange nur auf Fabrik-, Hafen- oder Messegeländen fahren. Denn dafür brauchten E-Scooter bisher schon keine Zulassung.

Die Hersteller versprechen sich einen Erfolg wie bei den E-Bikes

Nun hofft die Branche angesichts der jüngsten Kabinettsbeschlüsse in Berlin auch hierzulande auf einen Boom ähnlich jenem bei E-Bikes. Oder wie in anderen Ländern, etwa in der Schweiz oder den USA, wo die fahrenden Bretter mit der Lenkstange und dem E-Motor vor allem in Großstädten schon länger als cool, hip und praktisch gelten.

Als Zielgruppe für die elektrischen Flitzer haben die Hersteller aber nicht nur Berufspendler im Blick, sondern auch Kinder und Jugendliche, gehbehinderte Menschen und Freizeitsportler. Oder auch spezielle Nutzergruppen wie Camper, die mit den weniger als 20 Kilogramm schweren, wendigen Rollern ein wenig die weitere Umgebung um ihren Wohnwagen erkunden wollen. Die neue Verordnung aus Berlin erlaubt im Straßenverkehr eine Höchstgeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern, wobei es allerdings längst E-Scooter gibt, die es in der Spitze auf 40 Kilometer pro Stunde und mehr bringen.

Verfechter der Elektromobilität sehen in den kleinen Zweirädern aber viel mehr. Nämlich so etwas wie die Einstiegsdroge in eine ökologisch gewollte Sucht. Sozusagen ein niederschwelliges Angebot, denn anders als Elektroautos sind E-Tretroller erschwinglich und daher auch ein Thema für Skeptiker, die E-Antriebe einfach mal im Alltag ausprobieren wollen. Die, wenn auch vage Hoffnung dahinter: Wer sich heute für Elektroroller begeistert, tut es morgen vielleicht auch für E-Autos.

Einstiegsmodelle bieten die Hersteller bereits für mehrere Hundert Euro an, die besseren E-Scooter kosten etwa 1000 Euro aufwärts. Bei der Reichweite gibt es große Unterschiede; sie hängt vom individuellen Fahrstil, aber auch von der Batterie, beziehungsweise dem Akku ab. Wobei der Ladevorgang den Experten de s Tretroller-Magazins zufolge meist zwischen zweieinhalb und fünf Stunden dauert. In der Regel reicht dafür eine normale Steckdose.

Die nächste Weltmeisterschaft im Tretrollerfahren ist im Juni

Wer seinen Elektroroller in Bus, Bahn oder im Kofferraum seines Autos mitnehmen will, sollte sich ein zusammenklappbares Exemplar zulegen. Für Übergewichtige oder Senioren bieten Hersteller Sondermodelle an, das Angebot an Zubehör wächst ständig, und auch die Frage der richtigen Reifen hat das Zeug für allerhand Diskussionen. Auch was die Rahmen der Fahrzeuge angeht, gibt es große Unterschiede beim Material - und dementsprechend beim Preis.

Für Könner gibt es sogar schon Downhill-Elektroroller fürs Gelände. Wie überhaupt Tretrollerfahren längst kein Kinderspaß mehr ist, unabhängig davon, ob die Gefährte wie seit gefühlter Ewigkeit mit dem Fuß oder neuerdings einem Elektromotor angetrieben werden. Hierzulande wurde bereits ein Tretrollerverband gegründet, es werden nationale und internationale Meisterschaften und Pokale ausgefahren. Die Tretroller-Weltmeisterschaft findet übrigens im Juni in den Niederlanden statt.

Ob die Zulassungsregelungen der Bundesregierung tatsächlich den von den Herstellern erhofften wirtschaftlichen Boom auslösen, kann niemand vorhersagen. Die Hoffnungen sind zwar groß, doch verlässliche Prognosen hinsichtlich Umsätzen und Absatzzahlen existieren nicht. Darüber hinaus entwickeln sich neue Geschäftsmodelle. In Berlin etwa arbeiten Start-ups bereits an E-Scooter-Sharing.

Unter den Herstellern finden sich viele kleine Spezialisten wie etwa die finnische Marke Kickbike oder Swifty Scooters aus England. Hinzu kommen ständig neue Anbieter, darunter sogar deutsche Auto-Konzerne. So ist BMW in das E-Scooter-Geschäft eingestiegen, und Volkswagen präsentierte jüngst beim Genfer Autosalon nicht nur ein Zwei-, sondern bereits ein Dreirad. Metz ist also nicht der einzige Quereinsteiger.

© SZ vom 05.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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