Drohung von Islamisten:Gelassenheit in Wien

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In Österreich werden die Drohungen einer islamistischen Gruppe nicht als wirkliche Bedrohung empfunden.

Michael Frank

Österreich bangt seit dem vergangenen November um das Schicksal von Bert Nussbaumer. Der oberösterreichische Sicherheitsmann war beim Überfall auf einen Konvoi im Irak entführt worden. Er stand im Dienste einer privaten US-Sicherheitsfirma. Der Krisenstab, der seither regelmäßig in Wien tagt, geht von einem kriminellen Akt aus, und sieht deswegen keinerlei Parallelen zu den Drohungen, die nun auch Österreich wegen des Einsatzes seiner Soldaten in Afghanistan erreicht haben.

Die Regierung in Wien und die Bürger empfinden die Drohungen bislang nicht als wirkliche Bedrohung. Der sozialdemokratische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer betonte am Sonntag zwar, jede Äußerung dieser Art müsse sehr ernst genommen werden.

Er betonte aber zugleich, es gebe keinerlei Anhaltspunkte für eine konkrete Bedrohung und deshalb auch keinen Grund zur Panik. Im Gegensatz zu anderen Staaten, die Tausende Soldaten in Afghanistan im Einsatz haben, ist Österreich dort nur mit vier Stabsoffizieren vertreten. Welche Bedrohungen von denen für wen auch immer ausgehen solle, sei nicht einsichtig, sagte Gusenbauer.

Auslandseinsätze gehören für Österreich seit dem Beitritt zu den Vereinten Nationen zum Alltag. Für seine vergleichsweise geringe Größe hat das Nachbarland viele Überwachungseinsätze geleistet und tut dies noch. Die Bevölkerung ist stolz darauf. Sie wird sich sicher auch nicht von Drohungen der neuesten Art davon abbringen lassen, zumal das neutrale Land penibel auf eindeutige Rechtsverhältnisse achtet.

Die Nation pflichtet ihrem Bundeskanzler sicher bei, wenn der betont, dass sich Wien auch diesmal strikt an die Regel gehalten hat, nur auf Aufforderung der Vereinten Nationen tätig zu werden. Als einziger Sündenfall gelten Überflüge der amerikanischen Irak-Truppen während des jüngsten Golfkrieges über Österreich, gegen die die Regierung nach Ansicht von Kritikern nicht mit der nötigen Entschiedenheit aufgetreten war.

Gusenbauer: Ansehen in islamischen Staaten

Auch genießt Österreich nach Worten Gusenbauers in islamischen Staaten wegen seiner ausgleichenden Politik Ansehen. Er spielte mit dieser Feststellung auf das hervorragende Verhältnis des einstigen Bundeskanzlers Bruno Kreisky sowie von Kurt Waldheim als Generalsekretär der UN zur arabischen Welt an.

Die lange Tradition der Auslandseinsätze wurde in Österreich auch im vergangenen Jahr nicht in Frage gestellt, als im Libanon-Krieg israelische Artillerie einen UN-Posten beschoss und auch ein österreichischer Offizier zusammen mit Kameraden anderer Nationalität getötet wurde.

In Österreich ist auch die Sorge vor terroristischen Anschlägen eher gering. Dies, obwohl das Land von solchen Aktionen nicht verschont blieb. 1973 kaperten palästinensische Terroristen einen Zug mit jüdischen Emigranten aus der Sowjetunion. 1975 stürmten Terroristen eine Konferenz der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (OPEC). Zwei Menschen kamen dabei zu Tode.

1981 wurde der Präsident der österreichisch-israelischen Gesellschaft, ein Wiener Stadtrat, umgebracht. Im selben Jahr starben zwei Menschen bei einem Überfall auf die Israelitische Kultusgemeinde in Wien. Vier Tote gab es 1985 beim Überfall von Terroristen auf den Schalter der israelischen Fluggesellschaft El-Al auf dem Flughafen Wien-Schwechat. Ende der achtziger Jahre wurden vier hohe kurdische Politiker in Wien ermordet, die Täter sind bis heute unbekannt.

© SZ vom 12.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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