Diplomatie:UN und EU wollen Friedenstruppe im Libanon

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Die internationale Gemeinschaft verstärkt ihre diplomatischen Bemühungen, um die Gewalt einzudämmen. Kofi Annan schlug den Einsatz einer UN-Stabilisierungstruppe vor, um eine Pufferzone zwischen Israel und Libanon zu schaffen.

Martin Winter und Thorsten Schmitz

Die EU neigt dieser Idee ebenfalls zu. Jedoch ist bislang unklar, wie ein internationaler Einsatz im Süden des Libanons aussehen könnte. Israel lehne das Vorhaben derzeit ab, sagte ein Regierungssprecher. Die Gefechte dauerten am Montag unvermindert an.

Nach einer längeren Debatte stellten sich die Außenminister der EU am Montag hinter Annans Idee. Allerdings erwartet die EU von Annan noch eine nähere Erläuterung seiner Vorstellungen, wie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach einer Konferenz der Minister am Montag mitteilte. Der UN-Generalsekretär wird am heutigen Dienstag in Brüssel erwartet. Der französische Präsident Jacques Chirac tritt für eine Ausweitung der bisherigen UN-Beobachtermission ein.

"Wir stehen vor einer Situation, die eine Intervention von außen erfordert, um Grenzen zu garantieren und Aggressionen über Grenzen hinweg zu verhindern", sagte er. Auch der britische Premierminister Tony Blair betonte: "Die Mission muss weitaus spezifischer und klarer werden, und die eingesetzten Truppen müssen weitaus größer sein."

Seit 1978 ist die UN-Beobachtermission Unifil an der libanesisch-israelischen Grenze stationiert. Die 2000 Soldaten sind nur mit der Beobachtung der Lage betraut. Italiens Ministerpräsident Romano Prodi nannte eine Zahl von 8000 Soldaten als "vielleicht ausreichend".

"Vielversprechende Schritte"

Politisch drängt die EU die Streitparteien, die Spirale der Gewalt zu brechen. Es müsse "ein Flächenbrand verhindert" werden, sagte Steinmeier. In einer Erklärung der Außenminister wird das Recht Israels "auf Selbstverteidigung" betont, Israel zugleich aber "nachdrücklich" gebeten, sich "Zurückhaltung aufzuerlegen" und das internationale humanitäre Recht zu beachten.

Die beiden Terrororganisationen Hamas und Hisbollah werden aufgefordert, die entführten israelischen Soldaten freizugeben und die Angriffe auf Israel einzustellen. In Sorge um die Stabilität des Libanon fordert die EU zugleich, dessen Souveränität zu achten und die das Land betreffenden UN-Beschlüsse zu verwirklichen, wozu auch die Entwaffnung der Hisbollah gehört.

Am Mittwoch wird der EU-Außenbeauftragte Javier Solana zu Gesprächen in Israel erwartet. Chirac schickte Premierminister Dominique de Villepin als Vermittler nach Beirut. Der UN-Vermittler Vijay Nambiar sprach nach ersten Kontakten in Libanons Hauptstadt von "einigen vielversprechenden Schritten nach vorn".

Die israelische Armee und die pro-iranische Hisbollah-Miliz lieferten sich auch am Montag heftige Gefechte. Die israelische Luftwaffe griff nach dem Beschuss der israelischen Hafenstadt Haifa, bei dem am Sonntag acht Israelis getötet worden waren, mindestens 60 Ziele in Beirut an. Unter anderem wurde dadurch der Hafen der libanesischen Hauptstadt in Brand gesetzt und eine mutmaßliche Kommando-Zentrale der Hisbollah in Baalbek zerstört.

Bei einem Luftangriff auf einen Kleinbus in Beirut wurden nach Auskunft der dortigen Polizei zwölf Zivilisten getötet. Nach Angaben der libanesischen Behörden sind seit Beginn der israelischen Militär-Offensive mindestens 200 Libanesen getötet worden; in Israel starben bisher 24 Menschen.

Neue Angriffe auf Haifa

Als Reaktion griff die Hisbollah am Montag erneut Haifa an, die drittgrößte Stadt Israels. Beim Einschlag einer Rakete in ein Wohnhaus im Stadtzentrum stürzte das Gebäude in sich zusammen und begrub mehrere Menschen unter sich. Hunderte Deutsche sind derweil aus dem Libanon geflüchtet, sie sollen von Syrien aus nach Deutschland ausgeflogen werden.

Israel will nach Angaben von Verteidigungsminister Amir Peretz im Süden Libanons erneut eine "Sicherheitszone" einrichten, um künftig den Abschuss von Raketen auf Nord-Israel zu verhindern. Dessen ungeachtet betonte der Sprecher des Außenministeriums, Mark Regev, Israel wisse, dass die Hisbollah nicht mit militärischen Mitteln neutralisiert werden könne. "Die Lösung ist diplomatisch."

© SZ vom 18.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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