Die Entführung von Susanne Osthoff:"Deutschland lässt sich nicht erpressen"

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Forderungen der Entführer von Susanne Osthoff im Irak zurückgewiesen und erhielt dafür Beifall.

Annette Ramelsberger

Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Forderungen der Entführer von Susanne Osthoff im Irak zurückgewiesen und die Deutschen aufgefordert, diese Herausforderung gemeinsam zu bestehen. "Eines ist klar", sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag: "Diese Regierung, und ich denke auch dieses Parlament - wir lassen uns nicht erpressen." Sie bekam dafür starken Applaus der Abgeordneten.

Merkel betonte, der internationale Terrorismus richte sich gegen den Kern der westlichen Zivilisation und das gesamte Wertesystem, gegen Freiheit, Toleranz, Respekt und Achtung der Menschenwürde, gegen Demokratie und Rechtstaatlichkeit.

"Würden wir diese Werte aufgeben, würden wir uns selbst aufgeben", sagte Merkel. Damit machte sie - wie bereits am Vortag - deutlich, dass sie den Forderungen der Entführer auf keinen Fall nachgeben will. Sie hatten in einem Bekennervideo verlangt, Deutschland müsse die Hilfe für den Irak umgehend einstellen.

Merkel sprach den Angehörigen der Entführten ihre Anteilnahme aus. Gleichzeitig beschwor sie die Kraft der Gemeinschaft. "Wir sind uns bewusst, dass ein Volk mehr ist als eine lose Ansammlung von Individuen. Ein Volk ist auch immer eine Schicksalsgemeinschaft." Dieses Signal sei ihr an diesem Tag sehr wichtig, sagte die Kanzlerin.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht das Schicksal der entführten Deutschen und ihres Fahrers "mit großer Sorge". Steinmeier versicherte im Bundestag, alle Anstrengungen seien darauf gerichtet, die Freilassung der Geiseln zu erreichen.

Der Krisenstab im Auswärtigen Amt sei gemeinsam mit der Botschaft in Bagdad und dem Bundeskriminalamt intensiv an der Arbeit.

Zu etwaigen Kontakten mit den Geiselnehmern oder einer Spur zu der Entführten lehnte das Auswärtige Amt in Berlin jegliche Stellungnahme ab. Auch über das Bekenner-Video, das die Entführer der ARD in Bagdad zugespielt hatten, und die Hintergründe der Tat wurde weiter eisern geschwiegen.

Islamistischer Anstrich

Wie die Süddeutsche Zeitung jedoch erfuhr, ist der Film absolut untypisch für ein Bekennervideo islamistischer Terroristen. Es wirke "improvisiert" und "eher schlicht" und enthalte auch nicht die Kennungen, die solche Täter sonst verwendeten.

Es könnte deshalb sein, dass es sich bei den Entführern von Susanne Osthoff um Gelegenheitstäter handelt, die sich nur einen islamistischen Anstrich geben wollten, sagte ein Sicherheitsexperte.

Im Irak versuchen viele Kriminelle, durch aufsehenerregende Aktionen in den Kreis des Großattentäters Abu Mussab al-Sarkawi zu kommen, auch um Beute zu tauschen: Geld und Waffen gegen westliche Geiseln.

Schon sind erste Forderungen aufgetaucht, Lösegeld für Susanne Osthoff zu zahlen. So erklärte der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz in der Berliner Zeitung, man müsse sich hier in einem Graubereich bewegen. "Ich würde keine vernünftigen Möglichkeiten ausschließen in einem solchen Fall."

© SZ vom 1.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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