Deutschland:Integration von Geflüchteten gelingt in vielen Fällen

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Eine DIW-Studie zeigt aber auch, dass sich für ein Drittel die hohen Erwartungen an den Arbeitsmarkt nicht erfüllt haben.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Fünf Jahre nach Angela Merkels "Wir schaffen das" ist die Integration der damaligen Flüchtlinge vorangekommen. Für einen Teil von ihnen aber haben sich die Erwartungen, die sie hatten, nicht erfüllt - etwa auf dem Arbeitsmarkt. Zu diesem Ergebnis kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer größeren Untersuchung, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

Grundlage der insgesamt vier Studien ist die repräsentative Befragung von 8000 Geflüchteten, die zwischen 2013 und 2016 nach Deutschland gekommen sind. Im Durchschnitt waren sie zwar weniger gebildet als die meisten anderen Migrantengruppen. Gemessen an ihrem Heimatland aber gehörten die meisten von ihnen zur gebildeteren Hälfte der Bevölkerung.

Ein Schwerpunkt der Untersuchung war, wie sehr die Erwartungen der Flüchtlinge und ihre spätere Lebenswirklichkeit auseinanderfallen. So gingen 2016 gut zwei Drittel davon aus, zwei Jahre später einen Job zu haben, ein Drittel rechnete nicht damit, darunter viele Frauen. Als möglichen Grund nennt die Studie, "dass Frauen häufiger im Familienverbund fliehen und gleichzeitig in den Herkunftsländern eher traditionelle Rollenverteilungen vorherrschen". 2018 aber sah die Realität für einige anders aus, als sie es sich vorgestellt hatten.

Ein knappes Drittel hatte tatsächlich eine Beschäftigung gefunden - und war zwei Jahre zuvor auch davon ausgegangen, dass es so kommen würde. Elf Prozent hatten ebenfalls einen Job, allerdings ohne damit gerechnet zu haben. 22 Prozent wiederum fanden sich, wie von ihnen erwartet, ohne Arbeit wieder. 35 Prozent allerdings hatten hohe Erwartungen an den Arbeitsmarkt gehabt - und waren 2018 arbeitslos.

Wenn sich Erwartungen nicht erfüllen, hat das der Studie zufolge nicht nur direkte Konsequenzen für den materiellen Wohlstand der Betroffenen, sondern kann auch den Integrationserfolg mindern. Erfolgreich waren vor allem Männer und besser gebildete Flüchtlinge; auch die psychische Gesundheit spielte eine wichtige Rolle für den Erfolg auf dem Arbeitsmarkt.

Untersucht wurde auch die Integration von Kindern im Alter von zwölf, 14 und 17 Jahren. Eine ganze Reihe von Daten zeigen Erfolge: So sprechen mehr als 90 Prozent der Zwölfjährigen mit Fluchthintergrund Deutsch mit ihren Freundinnen und Freunden, 80 Prozent fühlen sich in ihrer Schule wohl, und im Schnitt besuchen Kinder aus Flüchtlingsfamilien besonders oft eine Ganztagsschule oder den Hort. An Aktivitäten außerhalb des Unterrichts, von der Theater AG über die Schülervertretung bis zur Schulsport AG, nehmen sie dagegen seltener teil. Immerhin die Hälfte der zwölfjährigen Flüchtlingskinder ist in einem Sportverein, bei Kindern ohne Migrationshintergrund sind es aber knapp 70 Prozent.

Insgesamt haben etwa die Hälfte der Geflüchteten regelmäßig Kontakte zu Deutschen; bei Frauen allerdings ist der Anteil deutlich geringer. DIW-Forscherin Katharina Spieß sagte am Mittwoch: "Integration braucht Zeit, wir dürfen nicht ungeduldig sein."

© SZ vom 20.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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