Deutscher Fußball-Bund:Razzia wegen Steuer­hinter­ziehung

Lesezeit: 2 min

Der DFB soll den Fiskus um 4,7 Millionen Euro betrogen haben. Es geht um Erlöse aus Bandenwerbung.

Von Thomas Kistner und Klaus Ott, Frankfurt/München

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat am Mittwoch mit großem Aufwand und Personaleinsatz die Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und die Wohnungen mehrerer Spitzenfunktionäre durchsucht. Es geht um den Verdacht der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Der DFB soll Einnahmen aus der Bandenwerbung bei Spielen der Nationalmannschaft so verbucht haben, dass der Fiskus um 4,7 Millionen Euro hintergangen worden sei. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft waren bei der Razzia in Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz etwa 200 Beamte im Einsatz.

Für ein Steuerverfahren, bei dem es nicht um sehr hohe Millionenbeträge geht, ist das eher ungewöhnlich. Das gilt auch für den Personenkreis der sechs Beschuldigten, gegen die ermittelt wird. Es handelt sich um drei heutige und drei ehemalige Spitzenleute des DFB. Dazu gehört neben dem ehemaligen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel, der über eine Affäre stolperte, unter anderem auch Reinhard Rauball.

Rauball wiederum zählt seit Jahrzehnten zu den führenden Figuren im deutschen Fußball und hat sowohl bei Borussia Dortmund als auch beim DFB mehrmals dazu beigetragen, Finanzaffären zu bereinigen. Ebenso wie bei den anderen Beschuldigten wurde bei der Razzia auch das Privathaus von Rauball durchsucht. Dass ausgerechnet Rauball in eine Steueraffäre verstrickt sein soll, können sich Wegbegleiter des langjährigen Fußballfunktionärs überhaupt nicht vorstellen. Aus dem Umfeld der Beschuldigten heißt es, die Staatsanwaltschaft schieße mit ihrem Vorgehen weit über das Ziel hinaus. Der Steuerstreit, der schon einige Jahre laufe, hätte sich auch anders lösen lassen. Es geht um einen Vertrag aus dem Dezember 2013, mit dem der Fußball-Bund die Vermarktung der Bandenwerbung bei Länderspielen der Schweizer Sportagentur Infront überlassen hatte.

Laut Staatsanwaltschaft habe Infront aber nicht frei entscheiden können, wer in den Stadien werben dürfe, sondern Vorgaben des Verbandes beachten müssen. So hätten keine Konkurrenten von Sponsoren der Nationalelf zum Zuge kommen dürfen. Diese Eingriffe des DFB in die Vergabe der Werbeflächen hätten nach Ansicht der Ermittler dann aber dazu führen müssen, dass die Erlöse aus dem Vertrag mit Infront nicht der "steuerfreien Vermögensverwaltung" des Verbandes zufließen. Sondern vielmehr beim steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb des DFB hätten verbucht werden müssen.

Die Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht nach, dass die Beschuldigten "von dieser steuerlichen Unrichtigkeit wussten, sie aber bewusst wählten, um dem DFB hierdurch einen Steuervorteil von großem Ausmaß zu ermöglichen". Das Verfahren betrifft die Jahre 2014 und 2015. Später soll der DFB die Erlöse dann anders, sprich steuerpflichtig verbucht haben. Möglicherweise versäumte es der Verband aber, sich gütlich mit dem Fiskus zu einigen.

© SZ vom 08.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: