Der Mörder Gräfgen:Was menschenwürdig ist

Die besondere Schwere der Schuld spricht gegen eine Entlassung auf Bewährung schon nach 15 Jahren.

Von Heribert Prantl

Todesstrafe und lebenslange Freiheitsstrafe haben einen archaischen Sinn: Der Täter wird für immer aus der Gemeinschaft entfernt. Die Kritiker einer Haftstrafe, die erst mit dem Tode endet, haben sie deshalb als "elastisch gemachte Todesstrafe" bezeichnet.

Das Bundesverfassungsgericht hat vor vierzig Jahren versucht, sie mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen: Zu einem menschenwürdigen Strafvollzug gehört, sagten die Richter, dass dem Verurteilten die Chance bleibt, je wieder in Freiheit entlassen zu werden. Das wurde dann im Strafgesetzbuch so formuliert: Eine lebenslange Strafe kann nach frühestens 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden, "wenn nicht die besondere Schwere der Schuld die weitere Vollstreckung gebietet". Beim verurteilten Mörder Magnus Gäfgen ist genau das eindringlich geboten.

Der damals 27-jährige Jurastudent hatte 2002 den elfjährigen Jakob von Metzler entführt und ermordet; er wollte eine Million Lösegeld erpressen. Die Umstände der Tat sprechen gegen vorzeitige Entlassung; das Verhalten des Täters in der Haft auch. Er hat, weil ihm Folter angedroht worden war, auf Schmerzensgeld geklagt; er verhöhnte so den Schmerz der Angehörigen seines Opfers. Natürlich hat Gäfgen Anspruch auf Achtung seiner Würde; aber keinen Anspruch auf Entlassung schon nach 15 Jahren. Diese gesetzliche Wohltat muss ihm das Recht versagen.

© SZ vom 10.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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