"Degler denkt":Kann denn Liebe Pfründe sein?

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Der Medien-Europameister aus Italien inszeniert die Auflösung seiner Ehe - die Öffentlichkeit ist hingerissen. Vielleicht springt dabei noch ein TV-Format heraus.

Dieter Degler

Der arme Mann. Was haben sie ihm nicht alles angedichtet an Affären! Mit Starlets. Mit TV-Schönheiten. Mit fast noch Minderjährigen. Und er hat alles überlebt, genau wie die zig Prozesse, die gegen ihn geführt wurden. Drei Mal haben ihn die Italiener ins Amt gehievt. Auch die Italienerinnen.

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi: Gemeinsame Show-Veranstaltung von Journalisten und Polit-Prominenz (Foto: Foto: Reuters)

Und nun das, diese "schmerzliche private Angelegenheit" mitten im Europawahlkampf. Veronica Lario, noch verheiratete Berlusconi, lässt sich scheiden von ihrem Operetten-, Polit- und Frauenhelden Silvio. Nach dreißig Jahren - ja was eigentlich: Liebe? - und zwanzig Jahren Ehe an der Seite des mächtigsten Italieners wirft die Dame seines Herzens hin.

Wunderbares Abendformat

Was am italienischen Rosenkrieg stimmt? Vielleicht nichts. Vielleicht sitzen Silvio und seine Veronica abends vor dem Fernseher und feixen bei einem kühlen Spumante über die Medienidioten, die das alles für bare Münze nehmen und damit den öffentlichen Marktwert des feinen Pärchens noch steigern.

Vielleicht macht Berlusconi, der italienische TV-Zampano, für einen seiner drei großen Privatsender noch ein wunderbares Abendformat daraus: Europa sucht das Machtluder, zum Beispiel. Im Finale versuchen dann Frau Lario und Frau Bruni unser aller Benedikt zu umgarnen. Der Siegerin winkt Seligsprechung.

Die Volksseele nimmt Anteil

Italien war schon immer anders. Aber ist es das wirklich noch? Verfolgt nicht auch das deutsche Publikum mit feuchten Augen, wenn es bei Seehofers kriselt? Und wer zählt die Fotoromanzen zwischen Sarko und Carla in der Yellow Press, garniert mit einfühligen Reportagen und Analysen in der sogenannten seriösen Presse?

Egal, ob Tampon-Camilla und ihr Charles oder Hillary und ihr Liebster: Auch die deutsche Volksseele nimmt gerne Anteil am Intimleben der Prominenz, auch jener im Kabinettsrang.

Das war hierzulande lange tabu. Das Privatleben von Politikern ging die Wähler so lange nichts an, wie ein Amtsträger nicht im Privaten gegen das verstieß, was er im Plenarsaal predigte. Aus und vorbei: Im Zuge der Medienglobalisierung wird auch in Deutschland veröffentlicht, was die internationale Paparazzi-Elite einst nur auf dem britischen Boulevard loswurde.

Die Medien, das Internet vorneweg, befördern mit Macht, was sie zugleich beklagen: Das globalisierte Ende der Intimität.

Opfer linker Ranküne

Aus der unausgesprochenen Nichtsangriffs-Verabredung zwischen Journalisten und Polit-Prominenz ist längst eine gemeinsame Show-Veranstaltung geworden. Ob Gerhard Schröder sich scheiden lässt oder Joschka Fischer zum x-ten Mal heiratet, ob "Münte" eine Neue hat oder ein Verteidigungsminister sich im Pool amüsiert - wir sind alle dabei.

Denn die Machtluder sind meist mindestens so hübsch und ebenso jung wie die Damen an den Formel-1-Strecken und meistens intelligenter.

Während die Deutschen aber noch im Lernprozess stecken, ist Italien mit seinem Cavaliere schon einen Schritt weiter: Silvio Berlusconi inszeniert seinen Macho-Schwachsinn so gekonnt, dass er auch aus der Scheidung noch politischen Profit ziehen wird. Seine Frau sei Opfer linker Ranküne, ließ er verkünden. Und wenn so was durch Berlusconis eigene TV-Sender und Gazetten hinreichend vervielfacht wird, gilt es irgendwann als wahr.

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