Cum-Ex-Bilanz:Die Räuber kommen davon

Wie der Staat die Finanzlobby schont.

Von Jörg Schmitt

Für die deutsche Politik ist das ein Armutszeugnis: Von rund 400 Cum-Ex-Fällen bundesweit sind gut zehn Jahre nach den ersten Warnungen vor dem größten Steuerdiebstahl der Republik nur 51 rechtskräftig abgeschlossen. Läppische 1,1 Milliarden Euro holte sich der Staat von kriminellen Banken und Beratern zurück, mindestens 4,3 Milliarden sind noch offen. Experten schätzen den Schaden auf zehn Milliarden Euro.

Jahrelang ließ sich die Politik von der Bankenlobby narren und strenge Gesetze verwässern. Statt massiv gegen die Steuerräuber vorzugehen, ließ sich ein Untersuchungsausschuss des Bundestags mit Phrasen abspeisen. Als einzig wirkungsvolle Waffe gegen die Abzocke der Finanzwirtschaft entpuppten sich Staatsanwälte und Steuerfahnder - doch auch unter denen macht sich zunehmend Frust breit. Mit der Flut von Fällen kommen sie schon länger nicht mehr klar.

Medienwirksam versprachen Minister in Bund und Ländern neue Stellen und Kräfte. Passiert ist wenig. Es wurde hier und da aufgestockt - doch oft mit Beamten, die sich in der Materie nicht auskannten oder schlicht überfordert waren. Immer mehr Verfahren drohen zu verjähren. Ob Absicht dahintersteckt? Das wäre eine elegante Art, den Finanzplatz Deutschland vor weiteren unschönen Cum-Ex-Verfahren zu bewahren.

© SZ vom 11.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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