CSU-Klausurtagung:Unbehagen im Wohlfühlland

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In Kreuth sucht die CSU nach ihrem Kurs für 2006 und ihre Galionsfigur Stoiber nach Rückhalt in der Partei.

Kassian Stroh

Jüngst hat CSU-Generalsekretär Markus Söder eine bemerkenswerte Äußerung getan. Im neuen Jahr werde die CSU Bayern zum "Wohlfühlland" verwandeln. Nicht dass man sich vorher in Bayern nicht hätte wohl fühlen können.

Aber nach zwei Jahren erbitterten Streits über den radikalen Sparkurs der Staatsregierung oder die Verwaltungsreformen ist bei vielen in der CSU das Bedürfnis groß, Ruhe einkehren zu lassen und wählerwirksame Wohltaten übers Land zu verteilen.

Die Partei steht vor einer Grundsatzdebatte: Probleme wie die Staatsverschuldung sind ja nicht verschwunden, und so sehen die Reformer mit Sorge das neue Harmoniebedürfnis ihrer Partei. Wenn sich von Dienstag an in Kreuth die CSU-Landesgruppe trifft und in der nächsten Woche ebenda die Landtagsfraktion, um den Kurs für 2006 festzulegen, geht es auch darum, wie weit sich die CSU als Reformpartei versteht - in Berlin wie in Bayern.

Die CSU hatte zwar stets das Image, das Soziale stärker zu betonen als die große Schwesterpartei. Aber im Bundestagswahlkampf hatte Stoiber ebenfalls auf harte und weit reichende Reformen gedrängt, zum Beispiel in der Steuerpolitik.

Stoiber nach Berlin-Flucht geschwächt

Nun aber regiert die große Koalition, und die CSU hat ihre eigenen Sorgen. Die Frage, wofür die Partei steht, hat durchaus das Zeug dazu, sie in Turbulenzen zu stürzen.

Vor zwei Wochen, als sich der CSU-Vorstand zur Wahl-Analyse traf, klang das bereits an: Horst Seehofer etwa, Landwirtschaftsminister in der großen Koalition und zudem Experte für alles Soziale, forderte sinngemäß, Reformen künftig nur noch so weit zu betreiben, wie diese auf Zustimmung in der Bevölkerung stießen. Prompt widersprach Manfred Weber, der Vorsitzende der Jungen Union, das könne doch nicht der Maßstab sein. Reformen müsse es geben, wenn sie notwendig seien.

Seit langem schwelt diese Auseinandersetzung, nur wurde sie von der Parteispitze unterdrückt. Stets standen Wahlen an, stets standen der bundespolitische Anspruch der CSU und vor allem die Ambitionen ihres Vorsitzenden auf dem Spiel - da konnte Edmund Stoiber parteiinterne Debatten nicht brauchen.

Das Fatale für ihn ist nur: Nach seiner Flucht vor dem Amt des Wirtschaftsministers in Berlin ist er jetzt viel zu schwach, eine solche Diskussion zu moderieren. Er hat alle Hände voll damit zu tun, zumindest in der Partei seine Position zu stabilisieren.

Seit Wochen unternimmt er eine Goodwill-Tour durch die Gliederungen der CSU, und bei seinen Gesprächen mit Abgeordneten und Funktionären verspricht er allen alles. Besorgt hat ein CSU-Präside festgestellt: "Er sagt überall das, was die Leute hören wollen."

Wie schwach der CSU-Vorsitzende ins neue Jahr startet, zeigt der bayerische Etat für 2006. Erstmals will die Landesregierung keine neuen Schulden mehr machen - seit Jahren preist sie das als Kernstück ihrer Politik an. Dazu hat Stoiber zusätzliche Einsparungen von 100 Millionen Euro verfügt. Ob er die jedoch zusammenbringt, ist alles andere als sicher.

Die Fraktion tanzt ihm auf der Nase herum, mosert bei den Sparvorschlägen und bringt lieber Sonderwünsche aufs Tapet. Kaum verkündet Stoiber, die Einsparungen beisammenzuhaben, hört man aus der Fraktion, da solle sich der Parteivorsitzende mal nicht zu früh freuen.

© SZ vom 3. Januar 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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