Corona-Pandemie:5600 Soldaten helfen den Ämtern

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Generalleutnant Martin Schelleis (links) spricht Ende Oktober bei seinem Besuch vor dem Seniorenheim "Jochhöh" mit Soldaten. Sie unterstützen die Arbeit des Pflegepersonals im Altenheim. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Die Bundeswehr schickt mehr Personal, weil die Behörden immer öfter Hilfe anfordern. Bis weit ins kommende Jahr hinein könnte der Einsatz noch dauern.

Von Mike Szymanski, Berlin

Die Bundeswehr stockt ihr Corona-Hilfskontingent an Soldatinnen und Soldaten auf, um der wachsenden Nachfrage aus Ländern und Kommunen in der zweiten Infektionswelle gerecht zu werden. Bislang kann die Bundeswehr in kurzer Zeit bis zu 15 000 Frauen und Männer mobilisieren, um etwa in Gesundheitsämtern bei der Kontaktnachverfolgung infizierter Personen zu helfen.

Am Donnerstag kündigte Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis und Nationaler Territorialer Befehlshaber, an, dieses Kontigent um 1000 weitere Soldatinnen und Soldaten auf dann 16 000 aufzustocken. "Das wird in den nächsten Tagen passieren", sagte Schelleis. Sollte sich die Lage in Deutschland weiter verschlechtern, könnten mehrere Tausend weitere Soldaten mobilisiert werden.

Bislang schöpft die Bundeswehr ihre Kräfte aus dem sogenannten Grundbetrieb, das heißt, Personal, das für Einsätze oder andere Verpflichtungen eingeplant ist, ist nicht betroffen. Das könnte sich jedoch ändern, wenn sich die Situation gravierend verschlechtert und weit mehr Leute für Corona-Einsätze gebraucht würden. Am Donnerstag meldete das Robert-Koch-Institut 19 990 Neuinfektionen, erneut ein Höchstwert.

Die Welle kam früher und massiver als gedacht

Seit Ausbruch der Corona-Krise hilft die Bundeswehr im Zuge der Amtshilfe. Ihre Soldaten unterstützen das Personal in Testzentren, entlasten Pflegekräfte etwa in Seniorenheimen. Seit einiger Zeit liegt der Fokus vor allem bei Hilfe für Gesundheitsämter, deren Mitarbeiter mit der Kontaktnachverfolgung nicht mehr hinterherkommen. Über die Sommermonate verteilt lag die Zahl der Soldaten im Corona-Einsatz stabil bei etwa 1500. Nach Angaben von Schelleis habe sich die Lage seit Mitte Oktober deutlich verschärft. Mittlerweile seien 5600 Leute, also gut ein Drittel seines Einsatzkontingents, mit der Amtshilfe beschäftigt.

Die zweite Infektionswelle sei "früher und massiver" über Deutschland hereingebrochen als erwartet; Schelleis sprach von einer "dramatischen Lage für das gesamte Land". Mittlerweile sei die Bundeswehr in allen Bundesländern tätig, selbst der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, der sich trotz rasant steigender Infektionszahlen lange gegen Unterstützung seitens der Bundeswehr sperrte, habe nach Angaben von Schelleis seit Mittwoch sechs Helfer aus der Truppe, unter ihnen zwei Sanitäter, im Kampf gegen Corona eingesetzt.

Mit allein 760 Soldaten und Soldatinnen hat das bevölkerungsreiche Nordrhein-Westfalen die meisten Corona-Helfer im Einsatz, gefolgt von Bayern (590) und Berlin (430). Bundesweit helfen in 255 von 375 Gesundheitsämtern Soldatinnen und Soldaten aus. Gab es im Jahr 2019 nur 249 Amtshilfeanträge insgesamt, so stieg diese Zahl auf zuletzt 1563 in diesem Jahr an. Noch nie waren in Deutschland gleichzeitig flächendeckend so viele Soldaten im Amtshilfe-Einsatz.

Der Einsatz ändert das Image der Soldaten

Die Aufträge sind zeitlich befristet, sie können vier, sechs, mitunter acht Wochen andauern. Die Bundeswehr könne aber immer nur "eine temporäre Unterstützung" leisten. Gefordert sieht Schelleis seine Soldaten wohl bis weit ins nächste Jahr hinein. Es liefen schon Vorgespräche, wie die Bundeswehr helfen kann, wenn Impfstoffe auf den Markt kommen und es darum gehen wird, möglichst viele Menschen damit früh zu versorgen.

Schelleis berichtet von viel Dankbarkeit aus den Behörden für die Unterstützung. Ihm sei in der Corona-Krise bewusst geworden, dass viele Bürger in Deutschland lange "keinen Kontakt mehr mit Bundeswehrsoldaten" gehabt hätten. Er sei einerseits erfreut darüber, wenn ihm zurückgemeldet werde, wie hilfsbereit und empathisch die Soldaten ihren Aufgaben nachkämen. Gleichzeitig sei er verwundert, welches Bild über die Soldaten denn eigentlich vorher geherrscht habe musste.

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