Corona-Krise:Zu früh gefreut

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Für ihren Einsatz in der Pandemie sollen Pflegende Boni erhalten - steuerfrei. Nun drohen doch Abgaben.

Von Dietrich Mittler

Menschen in Köln applaudieren Pflegekräften, die trotz des hohen Infektionsrisikos ihren Dienst antreten: Das ist eines der Bilder, das von der Corona-Krise in Deutschland bleiben dürfte. Nicht nur diejenigen, die Pflegerinnen und Pfleger beklatschten, wollten ihrer Dankbarkeit Nachdruck verleihen. Auch Politikern in Bund und Ländern war dies ein Bedürfnis, und so kündigten sie Prämien an, beziehungsweise sogenannte Corona-Boni. Bei den Pflegekräften der Krankenhäuser ist die Ernüchterung bereits groß: Was die Corona-Prämie des Bundes betrifft, gehen sie leer aus.

Doch am Ende könnte von den zugesicherten Dank-Zahlungen noch viel weniger ankommen - falls eintritt, was der FDP-Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand befürchtet. Seiner Ansicht nach droht "Tausenden von Pflegerinnen und Pflegern eine nachträgliche Besteuerung ihrer vermeintlich steuerfreien Corona-Boni-Zahlungen". Schuld daran seien die unklare Rechtslage sowie die Weigerung der großen Koalition, "Regelungslücken zu beheben" - laut Herbrand "ein Schlag ins Gesicht für die Pflegekräfte in unserem Land". Bleibt am Ende also doch nicht viel mehr als warme Dankesworte? Das Bundesfinanzministerium weist Herbrands Befürchtung als unbegründet zurück. Alle "Corona-Sonderzahlungen" der Arbeitgeber bis zu einer Summe von 1500 Euro sowie auch die Corona-Prämie nach den Vorgaben des Sozialgesetzbuchs seien als steuerfrei anzusehen. Auch Heike Baehrens, Pflegebeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, beschwichtigt: "Ich bin sicher, dass die Bundesregierung für eine verfassungsgemäße Umsetzung sorgt."

Doch Zweifel bleiben. Nicht nur bei FDP-Politiker Herbrand, sondern auch bei Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts. Insbesondere was die Steuerfreiheit der Corona-Prämien der Länder betrifft, hält Schlegel Nachbesserungen in der Gesetzgebung für dringend geboten. Bezüglich der Steuerfreiheit der Boni bedürfe "es einer eigenständigen Regelung, die derzeit nicht existiert". Denn so gut es die Politik auch meine, aus Sicht von Steuerrechtlern seien nun mal alle Zahlungen an Pflegende als Einkommen zu bewerten - und damit steuerpflichtig. Die große Geste der Dankbarkeit könnte am Ende also als recht kleiner Betrag auf dem Kontoauszug stehen. Doch Schlegel macht Hoffnung: Das Problem lasse sich durch kleine Änderungen in der Gesetzgebung lösen.

Grundsätzlich gibt es bei den Prämien Unterschiede. Für die Bundeslösung gilt: Hier erhalten Pflegekräfte die Prämie vom Arbeitgeber. Der wiederum bekommt das Geld von den Pflegekassen. Anders sieht es etwa beim bayerischen Corona-Pflegebonus aus, von dem auch die Pflegekräfte in den Kliniken profitieren: Hier zahlt der Freistaat den Bonus aus. Bislang flossen laut Staatsregierung nahezu 80 Millionen Euro an die Antragsteller.

Auch wenn letztlich die Versprechen eingehalten werden und die Prämien steuerfrei bleiben sollten: Die Pflegeverbände halten davon herzlich wenig. Statt solcher Einmalzahlungen, fordern sie, müsse der Verdienst der Pflegenden endlich steigen.

© SZ vom 04.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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