Corona-Hilfen:Alle lieben Scholz

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Kommt der Corona-Soli? Finanzminister Olaf Scholz hat entsprechende Andeutungen gemacht. (Foto: Hannibal Hanschke/REUTERS)

Die Ministerpräsidenten fordern vom Bundesfinanzminister mal wieder nur das eine: deutlich mehr Geld.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Es passt in die Paradoxien dieser Tage, dass die Ministerpräsidenten der Länder manchen Wunsch auf vorweihnachtliche Lockerungen der Corona-Auflagen abschlägig bescheiden - aber selbst eine lange Wunschliste verfasst haben. Der Beschlussentwurf der Länderchefs zur weiteren Bekämpfung der Pandemie umfasst 14 Seiten - und lässt keinen Zweifel daran, wer da den Weihnachtsmann spielen soll: der Bund.

Die Liste bringt am Dienstag im Bundestag bereits manche Haushaltsfachleute in Rage. Immer der Bund! Eigentlich sollten in den Fraktionen diese Woche die letzten Änderungen am Budgetentwurf 2021 und der Finanzplanung 2024 beraten werden. Jetzt müssen sie darauf warten, welche Maßnahmen die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin an diesem Mittwoch beschließen. Klar scheint nur zu sein: Das bisher eingeplante Geld wird nicht reichen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte kalkuliert, dass er in diesem Jahr 218 Milliarden Euro zusätzliche Kredite aufnehmen muss, um die Folgen der Pandemie zu mildern und wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturen zu erhalten. Für 2021 hatte er weitere 96 Milliarden Euro an zusätzlichen Krediten veranschlagt, alles zusammen 314 Milliarden. Das wäre, nur zum Vergleich, in normalen Zeiten ein ganzer Bundeshaushalt.

Das Finanzministerium beschwichtigte zunächst. Man werde 2020 ja gar nicht alles brauchen. Aber dann kam die zweite Welle. Und mit ihr kamen die Novemberhilfen, 15 Milliarden Euro für 30 Tage, um die Folgen der Schließung von Gastronomie, Kultur und Freizeiteinrichtungen zu kompensieren. Parallel wachsen auch die Forderungen aus anderen Branchen. Das führt dazu, dass Scholz noch mal 70 Milliarden Euro mehr für 2021 braucht. Siebzig Milliarden Euro - das ist mehr, als er im laufenden Jahr übrig haben dürfte. Und wohl zu wenig, um die Wunschliste zu finanzieren, die am Mittwoch beschlossen werden könnte.

Ab Punkt 10 wird die Wunschliste der Länder deutlich

Die Länder wollen die am 28. Oktober gebilligten Maßnahmen bis zum 20. Dezember bundesweit verlängern: "Die auf Grund dieses Beschlusses geschlossenen Betriebe und Einrichtungen bleiben damit zunächst weiterhin geschlossen." Das betreffe vor allem Gastronomie sowie Hotels, die keine Touristen beherbergen dürfen. Die Haushaltsexperten im Bundestag übersetzen das so: Das Weihnachtsgeschäft könnte ganz ausfallen, und das ist nicht irgendein Geschäft - der Dezember ist für viele einer der umsatzstärksten Monate. Kein Vergleich mit November.

Ab Punkt zehn der Länder-Wunschliste wird klar, wer die Gaben bringen soll, die, wie es in dem Beschlusspapier heißt, notwendig seien, damit die restriktiven Maßnahmen von den Bürgern akzeptiert würden: "Der Bund wird...", "die Hilfen des Bundes", "der Bund ist aufgefordert". Am Dienstag verlautet aus Verhandlungskreisen, man plane wie bisher im November den ausgefallenen Umsatz weitgehend zu ersetzen, zu 75 Prozent. Das klingt viel, ist es aber nicht unbedingt - zumindest für so manchen Betrieb etwa im Gastrobereich, der früher nicht alle Umsätze sauber über die Registrierkassen abgerechnet hat. Für den Bund wird es dennoch teuer. Jeder Monat, den Ausfälle ersetzt werden sollen, kostet rund 15 Milliarden Euro.

Scholz hat stets darauf verwiesen, dass die Bundesrepublik es sich leisten könne, mit "Wumms", wie er sagte, gegen die Krise zu investieren, um so nach der Pandemie schnell in den Normalbetrieb schalten zu können. Die am Dienstag veröffentlichten Konjunkturzahlen geben ihm recht. Im dritten Quartal hat die deutsche Wirtschaft stärker zugelegt als erwartet.

Mehr als 300 Milliarden Euro neue Schulden verschwinden allerdings nicht von alleine, selbst wenn die Konjunktur anzieht, sobald das Virus beherrschbar geworden ist. Scholz hat angedeutet, dass er die "starken Schultern" in der Gesellschaft stärker an den Kosten der Pandemie beteiligen will. Am Wochenende ließen die SPD-geführten Länder einen Test-Ballon steigen - einen neuen Soli-Zuschlag für Corona. Die Idee findet sich nicht auf der Wunschliste aller 16 Ministerpräsidenten. Doch je länger die Pandemie dauert, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf einer der nächsten Listen steht.

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