CIA-Chef:USA warnen vor neuen Morden

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CIA-Chef Brennan hatte Kenntnis von den Attentats-Plänen. (Foto: Justin Lane/dpa)

John Brennan hatte Kenntnis von Attentats-Plänen in Europa. Er fordert mehr Spielraum für Geheimdienste. Und der IS droht nun auch der US-Hauptstadt Washington.

Von Stefan Kornelius, Washington

CIA-Direktor John Brennan hat sich als prominentester Vertreter der Geheimdienste zu Wort gemeldet und eindringlich vor neuen Anschlägen des "Islamischen Staates" (IS) gewarnt. Die Attentate von Paris und der Absturz der russischen Passagiermaschine auf dem Sinai trügen "die Handschrift" des IS, sagte der Geheimdienstchef Brennan am Montag in Washington. Er mahnte eindringlich zu mehr Kooperation zwischen den Geheimdiensten und sprach in bitterem Ton über die Versäumnisse in der Zusammenarbeit, die in der Folge der Snowden-Enthüllungen begangen worden seien.

Brennan lieferte die bislang eindringlichste Stellungnahme der Geheimdienste, wo seit den Pariser Attentaten intensiv darüber diskutiert wird, warum die Taten nicht verhindert werden konnten. Brennan sagte vor einem außenpolitischen Forum des Center for Strategic and International Studies (CSIS), dass die Pläne des IS schon lange bekannt gewesen seien. Man habe gewusst, dass eine größere Attacke bevorstünde. Allerdings sei es immer schwerer, der Kommunikation und die genauen Vorbereitungen zu überwachen.

Brennan machte dafür auch politische und gesetzgeberische Hürden verantwortlich, die nach den Snowden-Enthüllungen für die Geheimdienste aufgebaut worden seien. "Ich hoffe, das ist jetzt ein Weckruf speziell für einige in Europa", so Brennan, der die Zusammenarbeit mit dem britischen und französischen Dienst ausdrücklich lobte, Deutschland aber nur indirekt erwähnte.

Auch in den USA wächst die Sorge vor neuen Anschlägen. In einem am Montag aufgetauchten IS-Video kündigt eine Untergruppierung aus Syrien ähnliche Attacken auf andere Städte in Europa und in den USA an. Ausdrücklich wird dabei die amerikanische Hauptstadt genannt. "Wir schwören, wir werden Amerika treffen mit seinem Zentrum Washington", sagt ein mutmaßliches Mitglied des IS in dem sechsminütigen Film

Der Geheimdienst berichtet von einem europäischen Netzwerk der Waffenschieber

Der sichtlich angespannte CIA-Direktor betonte, es sei die Strategie des IS, den Krieg aus seinem Kerngebiet herauszutragen. Es handele sich um eine "externe Agenda", die seit Langem zentral geplant sei und nun umgesetzt werde. "Ich erwarte, dass dies nicht die einzige Operation ist, die der IS in der Vorbereitung hatte," sagte Brennan. Die Organisation wolle ihre Botschaft in der Welt verbreiten, wonach das Kalifat wachse. Der Anschlag sei "sicher nicht binnen eines Tages" geplant worden, sondern sei das Ergebnis "monatelanger" Vorarbeit.

Die Angriffe auch der USA hätten die Verbreitung des IS in Syrien und Irak eingedämmt. Deswegen habe er seine Anschläge nun ausgeweitet. Brennan nannte mehrfach Ägypten als besonders gefährdetes Land. "Ihre Agenda ist zu töten, schlicht und einfach zu töten." Der CIA-Chef nannte die Täter "Soziopathen, Nihilisten, mit einer perversen Mentalität". Es sei ihnen gleich, ob sie Soldaten oder Kinder töteten.

Brennan zog einen Zusammenhang zwischen Anschlagsplänen, die in den vergangenen Monaten in Belgien verhindert wurden und den Pariser Attentaten. Damit machte er klar, dass die Behörden schon seit Langem eine Spur verfolgten. Brennan sagte außerdem, dass in Europa neben Netzwerken für Menschenschmuggler auch Handelsnetzwerke für Waffen existierten. Er sprach von einem "aktiven Markt", der besonders Lagerbestände aus dem alten Warschauer Pakt verkaufe.

Erschwert würde der Schutz vor Anschlägen durch die "Leichtigkeit", mit der man sich im Schengen-Raum bewegen könne. Man müsse sich stärker des Risikos bewusst werden, das durch die große Zahl von Flüchtlingen ausgehe, die sich quasi frei in Europa bewegten. Allerdings sprach sich Brennan gegen einen Schließung der nationalen Grenzen aus. "Wir sehen keinen Nutzen darin, die Schengen-Grenzen komplett abzuriegeln." Brenan nannte die Anschläge "nicht völlig vermeidbar". Man werde nicht verhindern können, dass Terroristen immer wieder Attentate planten, aber man werde hoffentlich immer stärker verhindern können, dass sie tatsächlich umgesetzt würden.

Türkische Medien berichteten über eine klare Warnung der heimischen Geheimdienste. Vor einem der Attentäter, Ismaël Omar Mostefaï, sei gleich zweimal gewarnt worden, zuletzt im Juni. Frankreich habe nicht reagiert.

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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