Christen wählen Huckabee:Gottes Mann für Washington

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Der Machtblock der christlichen Wähler - die Wunderwaffe der Republikaner - meldet sich mit Verve zurück. Mike Huckabees überraschender Vorsprung in Iowa ist das Ergebnis.

Andrian Kreye

Die politischen Beobachter hatten den Machtblock der christlichen Wähler als Wunderwaffe der Republikaner eigentlich schon abgeschrieben. Dagegen steht nun der überraschende Vorsprung, den sich der ehemalige Prediger Mike Huckabee in Iowa sichern konnte. Die evangelikalen Wähler melden sich mit Verve zurück.

Überraschungssieg eines ehemaligen Baptistenpredigers. (Foto: Foto: Reuters)

Strenggläubige Christen waren seit den sechziger Jahren eine wichtige Wählergruppe. Die Bürgerrechtsgesetze, aber besonders die Säkularisierung des öffentlichen Lebens hatte vor allem die evangelikalen Gläubigen in eine Stimmung versetzt, in der sie sich als verfolgte Minderheit fühlten. Sie wählten fortan, wem sie prinzipiell einen tiefen Glauben abnahmen.

Dabei kam es weniger auf die Parteizugehörigkeit an. Der Demokrat Jimmy Carter war der Erste, der vom politischen Widerstand der Christen profitierte. Doch als der strenggläubige Baptist seine christliche Wählerschaft mit einer extrem liberalen Politik enttäuschte, wandten sich viele endgültig von den Demokraten ab.

Ronald Reagan wusste das zu nutzen. Er war der erste Präsident, der Religion zu Politik machte. In seiner Rede von der Sowjetunion als Reich des Bösen, benutzte er bewusst das Wort "Armageddon" aus der Bibel. Und die Christen wussten - hier spricht einer, der versteht uns.

Auch Präsident George W. Bush beherrscht den christlich kodierten Jargon. Allerdings ist seine Politik nicht immer mit den christlichen Werten vereinbar. Der unmenschliche Irak-Krieg ist ein Punkt, die Umweltpolitik im Dienste der Energiewirtschaft ein anderer. In Scharen haben evangelikale Christen ihm schließlich die Unterstützung entzogen.

Und als sich in den ersten Umfragen bei den Republikanern der Katholik Rudolph Giuliani und der Mormone Mitt Romney als Favoriten der Republikaner platzieren konnten, wandten sich viele Evangelikale auch von der Partei ab. Der Katholizismus ist für amerikanische Protestanten ähnlich exotisch wie der Glaube der Mormonen. Die New York Times verkündete gar das Ende der religiösen Dominanz in der amerikanischen Politik.

Doch die Freude kam zu früh. Der Überraschungssieg des ehemaligen Baptistenpredigers und einstigen Gouverneurs des Staates Arkansas, Mike Huckabee, zeigt deutlich, dass die christlichen Wähler immer noch ein Machtblock sind, um den kein konservativer Kandidat herumkommt. Im Gegenteil.

60 Prozent aller republikanischen Wähler bezeichneten sich am Donnerstag als strenggläubige, evangelikale Christen. In den Jahren zuvor waren es um die 40 Prozent gewesen. Das bedeutet, dass die Mobilisierungskräfte der christlich-fundamentalistischen Wähler sogar noch zugenommen haben.

Und die dürfen vor allem die Demokraten nicht unterschätzen. Denn niemand verfügt über eine so hohe Motivation, ihre Kandidaten an die Macht zu bringen, wie die evangelikalen Wähler. Während die liberalen Wahlhelfer in den Wahlbezirken gegen Abend gerne zum Dinner gehen und über Politik diskutieren, laufen die evangelikalen Wahlhelfer oft bis spät in die Nacht von Tür zu Tür, um Werbung für ihren Kandidaten zu machen.

Und weil es bei der geringen Wahlbeteiligung in den USA längst nicht mehr darauf ankommt, wer die Wähler überzeugen, sondern wer genügend Wähler mobilisieren kann, zählt solche Ausdauer mehr als jede noch so intelligente politische Debatte. Die Hoffnung, dass diese Kraft geschwächt ist, muss Amerika aufgeben.

© SZ vom 05.01.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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