China:Nur noch in Gruppen nach Taiwan

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Die Spannungen zwischen China und Taiwan machen Reisen nach Taipeh schwieriger: Touristen vor dem Wolkenkratzer 101 in Taipeh. (Foto: Ritchie B. Tongo/dpa)

Peking erhöht mit verschärften Reisevorschriften den Druck auf die demokratische Insel.

Von Lea Deuber, Peking

China verschärft die Reisevorschriften nach Taiwan. Ab August dürfen Menschen aus 47 chinesischen Städten nicht mehr ohne eine organisierte Reisegruppe in das Nachbarland fahren. Dies geschehe "im Licht der derzeitigen Beziehung zwischen den zwei Seiten", hieß es in einer Stellungnahme des chinesischen Tourismusministeriums am Mittwoch in Peking. Vor acht Jahren hatte die Regierung die Regeln noch gelockert.

Die Beziehungen zwischen China und Taiwan sind so schlecht wie seit Jahren nicht. Peking hatte diese Woche bereits ein Militärmanöver vor der Küste Taiwans angekündigt. Die Behörde für Seesicherheit erklärte die Küstengewässer zwischen Shanghai und Hongkong zu einem militärischen Sperrgebiet. Im April hatte Chinas Militär ein Großmanöver mit Kriegsschiffen, Bombern und Aufklärungsflugzeugen rund um die Insel abgehalten. Die Übung fand statt, nachdem die US-Marine und die amerikanische Küstenwache durch die strategisch wichtige Meerenge gefahren waren. Im Juli kündigten die USA zudem an, Waffen für rund zwei Milliarden Dollar an Taiwan zu verkaufen.

Gerade hat Peking seine Drohung wiederholt, die Insel auch militärisch zurückzuerobern

Seit der Wahl der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen vor drei Jahren haben sich die Beziehungen zwischen China und Taiwan kontinuierlich verschlechtert. 2016 hatte die Fortschrittspartei DPP die Wahlen mit dem Versprechen gewonnen, anders als ihre Vorgänger wieder stärker auf Distanz zu China zu gehen. Als Reaktion auf die Weigerung Tsais, eine abgeschwächte Form des Ein-China-Prinzips zu unterstützen, kappte China die offiziellen Kanäle nach Taipeh. Offiziell gilt zwischen den Ländern seit 1992 ein Konsens, wonach beide zu einem China gehören, aber unterschiedlich auslegen, was das bedeutet. China hat eine Unabhängigkeitserklärung durch Taiwan in der Vergangenheit mehrmals als eine rote Linie bezeichnet, die das Land niemals akzeptieren werde. Peking betrachtet das demokratische Taiwan als einen Teil der Volksrepublik. Die KP hatte sich 1949 gegen die rivalisierenden Nationalisten durchgesetzt und auf dem Festland die Volksrepublik China ausgerufen. Die unterlegenen Gegner waren daraufhin auf die 180 Kilometer vor dem Festland liegende Insel Taiwan geflohen und hatten dort eine Regierung gebildet.

In einem vergangene Woche vorgelegten Weißbuch wiederholte Peking seine Drohungen, das Land auch mit militärischer Gewalt zurückzuerobern. Die vollständige Wiedervereinigung sei im Grundinteresse Chinas, hieß es. Anfang des Jahres hatte Präsident Xi Jinping erklärt, niemand könne den Trend in Richtung Vereinigung aufhalten. Eine Unabhängigkeit Taiwans sei eine Sackgasse und widerspreche dem Trend der Geschichte. Peking lasse keinen Raum für separatistische Aktivitäten. Um den Rückhalt für Präsidentin Tsai zu brechen, versucht die chinesische Regierung zudem, die Insel weiter zu isolieren. Auf Druck Pekings kappten zuletzt fünf der 22 Staaten ihre Beziehungen zu Taipeh, die das Land zuletzt noch anerkannt hatten. Auch Deutschland pflegt auf Druck Chinas keine offiziellen Beziehungen mit der Demokratie.

Im Januar wird in Taiwan gewählt. Die Entscheidung, die Reisefreiheit einzuschränken, könnte der Versuch Pekings sein, den Widerstand der Taiwaner mit noch schärferen Einbußen zu brechen. Die Insel ist wirtschaftlich in großen Teilen vom chinesischen Festland abhängig. Die seit 2016 zurückgehenden Urlauberzahlen belasten die Tourismusbranche bereits seit Längerem. 2017 machten die Ausgaben ausländischer Touristen allerdings immer noch rund 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Jeder dritte Besucher stammte im Mai dieses Jahres aus Festlandchina.

Bevor die Massenproteste in Hongkong im Juni ausbrachen, hatte die Regierungspartei DPP in vielen Umfragen zur kommenden Wahl noch hinter der chinafreundlichen Partei KMT gelegen. Durch die wiederholt gewaltsamen Niederschlagungen der Demonstrationen ist die Stimmung in Taiwan aber gekippt. Viele Taiwaner befürchten, dass ihnen ein ähnliches Schicksal droht wie den Menschen in Hongkong: Deren Freiheiten hatte China in den vergangenen Jahren immer weiter eingeschränkt.

© SZ vom 01.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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