China:Mit unbekanntem Ziel

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Seine Wahl zum Interpol-Präsidengen galt als Erfolg des chinesischen Präsidenten Xi Jinping und zog international Kritik nach sich: Interpol-Präsident Meng Hongwei. (Foto: AP)

Interpol-Präsident Meng Hongwei ist in China verschwunden. Seine Wahl zum Interpol-Präsidenten 2016 galt als Erfolg des chinesischen Präsidenten Xi Jinping und zog international Kritik nach sich. Er gilt als linientreu.

Die Polizei in Frankreich hat Ermittlungen wegen des Verschwindens des Interpol-Präsidenten Meng Hongwei eingeleitet. Dessen Frau, die in Lyon lebt, dem Sitz der internationalen Polizeibehörde, hatte ihren Mann vermisst gemeldet. Er war am Samstag vergangener Woche zu einer Reise in sein Heimatland China aufgebrochen. Seitdem habe sie nichts mehr von ihm gehört. Interpol teilte am Freitag mit, man kenne die Berichte über das "angebliche Verschwinden" Mengs. Diese seien eine Angelegenheit für die zuständigen Behörden in Frankreich und China. Nach Angaben der französischen Behörden ist der 64-Jährige in China angekommen, allerdings gab es keine weiteren Informationen über seine Pläne dort, wie lange er abgängig ist oder warum seine Frau möglicherweise gewartet hat, bevor sie sich an die Polizei wandte.

Die Wahl Mengs im November 2016 galt als Erfolg des chinesischen Präsidenten Xi Jinping und zog international Kritik nach sich. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zeigte sich "alarmiert" angesichts "Chinas langwährender Praxis, zu versuchen, Interpol zu nutzen, um Dissidenten und Flüchtlinge im Ausland festnehmen zu lassen". Das wichtigste Mittel von Interpol sind sogenannte red notes, Fahndungsersuchen, mit denen Personen auf Bitten von Mitgliedsländern lokalisiert und festgenommen werden sollen. Zu einem Konflikt zwischen China und Interpol kam es im Februar, weil die Polizeibehörde ein solches Fahndungsersuchen Chinas gegen Dolkun Isa aufgehoben hatte, den Vorsitzenden des in München ansässigen Uigurischen Weltkongresses. Peking bezichtigt ihn des Terrorismus. Das Außenministerium in Peking protestierte offiziell, man habe Beweise für seine kriminellen Aktivitäten. Isa ist seit 2006 Deutscher.

Meng Hongwei hatte eine Vielzahl von Positionen bei chinesischen Sicherheitsbehörden inne; unter anderem war er von 2004 an Vizeminister für öffentliche Sicherheit und damit für die Polizei zuständig. Das Ministerium hat eine mächtige Position innerhalb des chinesischen Staatsapparats, das machte ihn zu einem einflussreichen Mann in China. Bisher galt er als regierungstreu. Laut offiziellen Angaben ist er seit mehr als 40 Jahren Mitglied der KP. Ämter im Sicherheitsapparat werden nur an als ideologisch zuverlässig geltende Funktionäre vergeben.

Seit Xi Jinpings im Jahr 2013 die Macht übernahm, sind immer wieder führende Parteimitglieder in Ungnade gefallen und verhaftet worden - unter ihnen der einst höchste Sicherheitsbeamte des Landes, Zhou Yongkang. Er wurde wegen Korruption zu lebenslanger Haft verurteilt. Mit ihm hatte Meng engen Kontakt gepflegt.

Nicht unüblich ist es in China auch, dass Unternehmer, Oppositionelle oder Beamte verschwinden, ohne dass offiziell ein Verfahren gegen sie eingeleitet wurde. 2015 war der Milliardär und Chef des Konglomerats Fosun Guo Guangchang einige Tage verschwunden. Wenig später hieß es, er "assistiere der Polizei bei einigen Ermittlungen". Im Sommer war die Schauspielerin Fan Bingbing plötzlich weg und erst drei Monate später wieder aufgetaucht. In China ist Mengs Verschwinden bisher kein Thema. Medien berichteten am Freitag noch nicht über die Vermisstenanzeige seiner Frau. Diese hat bisher öffentlich keinen Verdacht gegen die chinesische Regierung geäußert.

© SZ vom 06.10.2018 / sz, lde - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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