Chemiewaffen in Syrien:US-Regierung legt sich auf Giftgas-Vorwurf fest

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Der Giftgasangriff sei ganz klar von der syrischen Regierung ausgegangen: Die USA sehen Medienberichten zufolge "starke Anzeichen" dafür, dass Assads Truppen Giftgas eingesetzt haben. 1300 Menschen sollen dabei getötet worden sein. Der UN-Sicherheitsrat fordert Klarheit über das angebliche Massaker.

Die US-Regierung hat sich mit überraschend deutlichen Worten zu einem möglichen Giftgasangriff in Syrien geäußert, bei dem 1300 Menschen getötet worden sein sollen. "Es gibt starke Hinweise darauf, dass es eine Attacke mit Chemiewaffen war, ausgehend von der syrischen Regierung", zitierte das Wall Street Journal einen Regierungsvertreter. Dabei sind die Hintergründe des Angriffs weiter unklar.

Der UN-Sicherheitsrat forderte "Klarheit" über den möglichen Einsatz von Chemiewaffen nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus. Das teilte die Präsidentin des Gremiums nach einer Sondersitzung in New York mit. Syriens Opposition hatte die Regierungstruppen zuvor beschuldigt, bei einem Großangriff mit Chemiewaffen in einem Vorort der Hauptstadt ein Massaker mit etwa 1300 Toten verübt zu haben. Die Armee wies dies zurück.

"Wir brauchen Klarheit über das, was sich zugetragen hat, und müssen die Lage weiter genau beobachten", sagte Argentiniens UN-Botschafterin María Cristina Perceval. Nach Angaben der Opposition ereignete sich der Angriff in der Region Ghuta, wo sich viele Rebellen aufhalten. Der Allgemeine Syrische Revolutionsausschuss sprach von einem "furchtbaren Massaker" und veröffentlichte Bildmaterial, das den Angriff belegen soll.

Diese Videos und Fotos, deren Echtheit nicht bestätigt werden konnte, zeigen verletzte und leblose Kinder. Auf anderen Bildern sind leblose Erwachsene zu sehen, die zumindest keine sichtbaren Schussverletzungen aufwiesen. Die syrische Opposition und die Arabische Liga appellierten an die UN-Chemiewaffen-Experten, die sich im Moment in Damaskus aufhalten, sich selbst vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Auch Frankreich, Großbritannien und die Türkei setzten sich im Vorfeld der Versammlung bei den Vereinten Nationen für eine Untersuchung des möglichen Giftgasangriffes ein. Die Mitgliedsländer hatten sich tief beunruhigt über die Vorwürfe geäußert und einen Waffenstillstand gefordert.

Russland und China, die Syriens Machthaber Baschar al-Assad unterstützen, verhinderten allerdings nach Diplomatenangaben eine förmliche Erklärung des Sicherheitsrats zu dem Thema. Daher habe sich das Gremium lediglich auf einzelne Formulierungen für die Öffentlichkeit einigen können.

"Schockierende Eskalation"

In der syrischen Hauptstadt hält sich derzeit ein Team der Vereinten Nationen auf, das den Einsatz von Giftgas im syrischen Bürgerkrieg untersuchen soll. Die Regierung hat den Experten jedoch bislang nur gestattet, drei andere Orte aufzusuchen, in denen Chemiewaffen zum Einsatz gekommen sein sollen.

UN-Chemiewaffen-Experte Sellström in Syrien
:Besonnen trotz Schreckensmeldungen

Die syrische Opposition beschuldigt das Assad-Regime, Hunderte Menschen mit Giftgas getötet zu haben. Der Schwede Åke Sellström leitet das UN-Expertenteam, das den angeblichen Einsatz von Chemiewaffen in Syrien untersuchen soll. Er weiß, dass er auf dieser Mission sehr vorsichtig sein muss.

Von Paul-Anton Krüger

Die syrische Regierung wollte kurzfristig keinen Besuch der UN-Experten in dem umkämpften Gebiet östlich von Damaskus erlauben. Der syrische Informationsminister, Omran al-Soabi, sagte im arabischsprachigen Programm des russischen Senders Russia Today, die Chemiewaffen-Experten könnten nicht einfach spontan den Bezirk Al-Ghuta Al-Scharkija inspizieren. Dafür bedürfe es vorab einer "Vereinbarung mit der Regierung".

Die Vereinten Nationen wollen nun den Vorwürfen nachgehen: Er selbst habe nur Fernsehbilder des Anschlags gesehen, von dem die syrische Opposition berichte, sagte der Chef des UN-Expertenteams für Chemiewaffen, Åke Sellström, der schwedischen Nachrichtenagentur TT. "Die erwähnte hohe Anzahl Verletzter und Getöteter klingt verdächtig. Es klingt wie etwas, das man untersuchen sollte", sagte er.

Die syrischen Behörden und Rebellen werfen sich gegenseitig den Einsatz von Chemiewaffen in dem seit zwei Jahren andauernden Bürgerkrieg vor. Dabei sind mehr als 100.000 Menschen ums Leben gekommen.

© Süddeutsche.de/AFP/mike - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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