Bundeswehreinsatz:Soldaten sollen Spielstätten schützen

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Das Verteidigungsministerium plant konkret, bei der Fußball-WM 2000 Bundeswehrsoldaten einzusetzen. Spezialeinheiten sollen die Spielorte vor Angriffen mit biologischen oder chemischen Kampfstoffen schützen.

Peter Blechschmidt und Annette Ramelsberger

Die Planungen für den Einsatz von Soldaten bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer sind wesentlich konkreter als bisher bekannt. Die Bundeswehr soll die Behörden mit mindestens 2000 Mann unterstützen.

So wird beispielsweise der Sanitätsdienst in Kaiserslautern ein Rettungszentrum errichten. Spezialkräfte sollen vor Angriffen mit biologischen oder chemischen Kampfstoffen schützen. Dies geht aus einem Bericht des Verteidigungsministeriums hervor. Zudem fordern Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und seine Kollegen aus den unionsregierten Ländern auch Hilfe beim Objektschutz.

Am Donnerstag will sich der Bundestag mit dem WM-Einsatz der Bundeswehr beschäftigen. Laut dem Bericht des Verteidigungsministeriums haben Bundes- und Landesbehörden bislang mehr als hundert Unterstützungsleistungen beantragt. Das Ministerium hat diese bereits am 9. Januar gebilligt.

Dazu gehört die Errichtung eines notfallchirurgischen Zentrums am Spielort Kaiserslautern ebenso wie die Bereitstellung eines mobilen Kontrollturms auf dem Flughafen Stuttgart. In Laupheim und in Bückeburg soll jeweils ein Hubschrauber vom Typ CH-53 für den Transport von Verletzten bereitgehalten werden.

An allen Spielorten sollen zudem ABC-Spezialkräfte für den Schutz vor Attacken mit atomaren, biologischen oder chemischen Kampfstoffen sorgen. In 40 Gebäuden stellt die Bundeswehr Unterkünfte für mehr als 5900 Einsatzkräfte zur Verfügung. Außerdem sorgt sie für bis zu 150.000 Mahlzeiten für die Polizisten.

"Wir bewachen keine Stadien"

Die Gesamtkosten des Pakets werden mit fünf Millionen Euro veranschlagt. Bund und Länder müssen davon 1,4 Millionen erstatten. Die FDP-Verteidigungsexpertin Birgit Homburger sagte, die Fußball-WM sei zwar ein Glücksfall für Deutschland, zugleich aber eine kommerzielle Veranstaltung. "Es kann nicht sein, dass die Bundeswehr den Weltfußballverband Fifa subventioniert", meinte Homburger.

Nicht enthalten in der Kostenrechnung ist die geplante Luftraumüberwachung durch die fliegenden Awacs-Radarstationen der Nato. Deren Einsatz hat Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) bereits mit der Nato besprochen. Die Awacs-Maschinen werden in dem Bericht als eine wesentliche Komponente der Sicherheitmaßnahmen bezeichnet. "Ein Verzicht auf die Bereitstellung dieser Sensoren würde eine Sicherheitslücke im Nationalen Sicherheitskonzept bedeuten", heißt es.

Die geplanten Maßnahmen werden in dem Papier als rechtlich unbedenklich bezeichnet, da es sich um "technische Amtshilfe" handele, die - wenn auch in größerem Umfang - der bislang praktizierten Zusammenarbeit entspreche. Von einem Einsatz im Innern, wie er vom Grundgesetz verboten ist, könne keine Rede sein, da die Soldaten "nicht als Organ der vollziehenden Gewalt mit Zwangsbefugnissen gegenüber Dritten" tätig würden.

Der von vielen Unionspolitikern geforderte Einsatz im Innern, zum Beispiel zum Objektschutz, würde eine Grundgesetzänderung erfordern. Dagegen stemmt sich die SPD.

Auch Verteidigungsminister Jung hat noch am vergangenen Wochenende betont: "Wir bewachen keine Stadien." Allerdings sieht die schwarz-rote Koalitionsvereinbarung eine Überprüfung dieser Frage vor, wenn dies nach dem für die kommende Woche angekündigten Urteil des Verfassungsgerichts zum so genannten Luftsicherheitsgesetz erforderlich würde.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU), hatte erst vor wenigen Tagen gesagt, wenn die Polizei während der Weltmeisterschaft voll ausgelastet sei, könnte die Bundeswehr zum Beispiel zur Sicherung der grünen Grenze zwischen Tschechien und Deutschland eingesetzt werden.

Franz Beckenbauer, der Präsident des WM-Organisationskomitees, sprach sich am Mittwoch bei einem Besuch im Kanzleramt für eine möglichst effiziente Sicherung der Weltmeisterschaft aus. "Man sollte die Sicherheitsmaßnahmen so groß wie möglich halten. Wenn dafür ein Bundeswehr-Einsatz notwendig ist, sollte man das tun", sagte Beckenbauer.

Er zeigte sich besorgt darüber, dass der Streit über die dänischen Mohammed-Karikaturen eine Bedrohung für den friedlichen Ablauf der Weltmeisterschaft darstellen könnte.

© SZ vom 9.2.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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