Bundeswehr:Kein Hubschrauber in Sicht

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Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) wollte noch im Dezember einen Vorschlag unterbreiten, wie die Bundeswehr doch noch rasch zu neuen Helikoptern kommt. Nun aber fehlen dem Ministerium die nötigen Unterlagen. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die Bundeswehr braucht dringend Ersatz für die in die Jahre gekommenen Transporthelikopter. Doch nach einem gescheiterten Vergabeverfahren drohen nun Klagen. Die Anschaffung könnte sich für Monate, wenn nicht Jahre hinziehen.

Von Mike Szymanski, Berlin

Trotz hohen Zeitdrucks bei der Beschaffung neuer, schwerer Transporthubschrauber für die Bundeswehr ist das Rüstungsvorhaben abermals ins Stocken geraten. Nachdem im September das Vergabeverfahren für ein Nachfolgemodell für die altersschwachen CH-53-Helikopter gescheitert war, wollte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) noch im Dezember einen Vorschlag unterbreiten, wie die Bundeswehr doch noch rasch zu neuen Helikoptern kommt. Nun heißt es aus dem Ministerium, aktuell sei es "nicht möglich, die Neubewertung des laufenden Projektes zu beenden". Dem Wehrressort fehlten die nötigen Unterlagen der Industrie. Das Ministerium will bei amerikanischen Herstellern einkaufen. Deshalb würden auch Informationen der US-Administration benötigt, die ebenfalls noch nicht eingetroffen seien. Wie es nun mit den Hubschraubern weitergeht, ließe sich daher womöglich erst Anfang des nächsten Jahres klären.

Extrawünsche zur Ausstattung trieben die Kosten nach oben

Die Bundeswehr braucht dringend Ersatz für die in die Jahre gekommenen Transporthubschrauber vom Typ CH-53, die von 1972 an bei der Bundeswehr eingeführt wurden. Heute besitzt sie noch etwa 70 Maschinen, von denen aber regelmäßig Hubschrauber wegen technischer Probleme ausfallen. Quasi auf den letzten Metern war das Vergabeverfahren für Nachfolger im September gescheitert. Zur Auswahl standen zwei Modelle: der CH-47 von Boeing und der CH-53K von Sikorsky.

Es stellte sich heraus, dass die Anschaffung der Bundeswehr etwa doppelt so viel Geld kosten würde wie eingeplant. Extrawünsche zur Ausstattung sowie zum Betrieb und Unterhalt in Deutschland hatten die Kosten aus dem Ruder laufen lassen. Seither sucht die Ministerin einen Weg, das Verfahren neu aufzusetzen. Aber dieser Versuch wird von neuen Schwierigkeiten begleitet.

Nach der abgebrochenen Ausschreibung drohen Schadensersatzklagen

Sikorsky etwa geht mit einer Rüge gegen die abgebrochene Ausschreibung vor. Dies könnte die Beschaffung, sollte dieser Konflikt vor Gericht eskalieren, für Monate, wenn nicht Jahre lahmlegen. Zudem stehen Schadenersatzdrohungen im Raum.

Das Ministerium prüft derzeit mehrere Möglichkeiten. Es steht außer Frage, dass Berlin Abstriche bei der Bestellung wird machen müssen, etwa bei der Ausstattung. Derzeit laufen Anfragen direkt bei den Herstellern, um die Alternativen auszuloten. Ein zweiter möglicher Weg ist, das Geschäft direkt über die US-Regierung einzufädeln. Dies hätte den Vorteil, dass sich Deutschland für ein Modell entscheiden könnte und um eine zeitraubende Ausschreibung herumkäme. Der Nachteil: Das Ministerium müsste die Modelle mehr oder weniger so abnehmen, wie sie von den Amerikanern üblicherweise angeboten werden. Das brächte die Bundeswehr jedoch wieder in andere Nöte: Das Boeing-Modell wird zwar von etlichen Nato-Partnern geflogen. Zu klären ist aber, ob es in der angebotenen Variante in der Lage ist, in der Luft betankt zu werden. Beim Sikorsky-Modell, das neu entwickelt wurde, sollen dem Vernehmen nach Fragen zur Zulassung offen sein. Die Bundeswehr müsste trotz neuer Hubschrauber womöglich gleich wieder schmerzliche Kompromisse oder Risiken eingehen.

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