Bundestagswahlkampf der CDU:Das Programm heißt Merkel

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Nach SZ-Informationen erwägt die CDU-Spitze, auf einen Wahlparteitag zu verzichten - sie setzt voll auf die Person der Kanzlerin.

Stefan Braun, Berlin

Die CDU setzt offenbar so stark wie nie zuvor auf eine Personalisierung des Wahlkampfs und eine Konzentration auf die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel.

Die wirkungsvollste Wahlkampf-Waffe der CDU: Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: Foto: ddp)

Damit kristallisiert sich heraus, was in ihrem engsten Umfeld schon seit längerem als einzig mögliche Strategie dargestellt worden ist: Der Wahlkampf soll voll auf die Person Merkel und auf die letzten drei Wochen vor dem Wahltermin am 27. September fokussiert werden.

Der Auftakt in die heiße Phase soll am 6. September in Düsseldorf sein. Anders als in vielen Wahlkämpfen zuvor ist bisher kein eigener Wahlparteitag geplant. Das Procedere dafür sei sehr aufwendig und stehe in keinem Verhältnis zum Ertrag, heißt es nach Informationen der Süddeutsche Zeitung in der CDU-Parteizentrale.

Eine endgültige Entscheidung sei allerdings noch nicht gefallen. Offenbar will man sich angesichts möglicher Proteste aus der Partei ein Türchen offen halten.

Die Idee, auf ein großes Parteitreffen zu verzichten, passt freilich in die Planung, möglichst lange kein eigenes Wahlprogramm zu präsentieren. Bisher ist vorgesehen, dass die Generalsekretäre und Parteivorsitzenden von CDU und CSU in Abstimmung mit der Spitze der Bundestagsfraktion ein Programm erarbeiten und die Präsidien der Parteien es in einer gemeinsamen Sitzung am 29. Juni präsentieren.

Der Kreis derer, die an der Erstellung des Programms mitwirken, ist auf sehr wenige Personen beschränkt worden. Wie es in Parteikreisen heißt, ist das der Sorge geschuldet, dass ansonsten zu früh Details an die Öffentlichkeit dringen könnten. Tatsächlich aber kämpfen CDU und CSU hinter den Kulissen nach wie vor heftig um eine gemeinsame Linie.

Türmende Probleme

Nach den starken öffentlichen Kontroversen zum Beispiel um die Steuerpolitik hat sich der Streit nun in die vertraulichen Runden der Parteispitze verlagert. "Gelöst aber sind die Konflikte nicht", heißt es unisono in beiden Parteien.

Tatsächlich türmen sich die Probleme. "Es geht hier nicht nur um den taktischen Zug, dass wir später in den Wahlkampf starten wollen", sagt einer aus der CSU-Spitze. "Wir brauchen die Zeit bis zum Sommer, um überhaupt eine Einigung zu erzielen."

Auch deshalb könne die Union derzeit noch wenig anbieten. Wichtigste Streitthemen bleiben die Gesundheitsreform, die Erbschaftsteuer, das Ausmaß der geplanten Steuersenkungen, deren Finanzierung sowie der Umgang mit der grünen Gentechnik.

Angesichts dieser Schwierigkeiten ist man in der CDU-Führung froh, dass die Präsentation des SPD-Wahlprogramms die eigenen Reihen fürs Erste geschlossen hat.

Die CDU-Spitze hat insbesondere mit Zufriedenheit registriert, dass wichtige Ministerpräsidenten wie der Nordrhein-Westfale Jürgen Rüttgers und der Hesse Roland Koch die Steuerpläne der Sozialdemokraten sofort massiv kritisiert haben. Das ist für manchen in der Spitze besonders wichtig, weil Rüttgers und Koch zu denen gehören, die alles tun werden, um auch Einfluss auf das eigene Wahlprogramm zu nehmen.

Auf Kritik stößt inzwischen das Procedere: Weil nur sehr wenige in der Partei am Formulieren des Programms beteiligt werden, wächst bei den Sozialpolitikern wie bei den Vertretern des Mittelstandes die Sorge, dass sie am Ende zu wenig Einfluss erhalten könnten.

"Ich glaube nicht, dass die Führung nicht wüsste, was wir wollen", erklärt ein Vertreter des CDU-Mittelstandes, "aber durch das extrem intransparente Verfahren wächst bei uns die Angst, dass trotzdem nicht drin steht, was für uns unverzichtbar wäre."

Nicht viel anders sieht das bei denen aus, die ähnliche Erfahrungen wie 2005 fürchten, als das Programm zu wirtschaftsfreundlich ausfiel und man der SPD viele Angriffsflächen bot. Angesichts der leisen, aber wachsenden Unsicherheit in der Partei warnen auch Wohlmeinende davor, dass die Ruhe bald vorbei sein könnte, sollte die Führung weiter so intransparent arbeiten.

Jeden Sonntag Sitzung bei Seehofer

In diesem Zusammenhang verweisen immer mehr in der CDU-Führung darauf, dass sich die CSU ein klares Verfahren geschaffen hat, um sich von Sachthema zu Sachthema auf ihren Kurs festzulegen.

Zu diesem Zweck versammelt der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer inzwischen jeden Sonntagabend die engste Führung seiner Partei in der bayerischen Staatskanzlei und lädt neben den Experten der Partei stets auch einen Vertrauten ein, der die Aufgabe hat, bewusst den Kurs der Führung in Frage zu stellen. "Er soll die Fragen der Laien stellen - so wie das Wähler auch tun", heißt es dazu aus der CSU-Spitze.

In der CDU gibt es Ähnliches bisher nicht mal in Ausnahmefällen. Stattdessen erlebten die Chefs der Landesgruppen der Bundestagsfraktion zuletzt eine Enttäuschung. Als sie vor wenigen Wochen zur Lagebesprechung ins Kanzleramt geladen waren, sollte Generalsekretär Ronald Pofalla den Stand der Vorbereitungen vortragen. "Das war, vorsichtig ausgedrückt, nicht überzeugend", klagt einer der Teilnehmer.

© SZ vom 22. April 2009/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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