Bundespolizei an der libanesisch-syrischen Grenze:Hans und die Schmuggler

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Die Bundespolizei wäre mit der Sicherung der libanesisch-syrischen Grenze überfordert: Die Hisbollah wird mit dem Auffüllen der Waffenlager beginnen - und die Waffen kommen aus Syrien.

Tomas Avenarius

,,Es ist entscheidend, dass die Einheiten der UN-Friedenstruppe Unifil schnell aufgestellt werden. Sonst könnte dieser Waffenstillstand bald brechen.'' Timur Goksel macht sich keine Illusionen über den Frieden an der israelisch-libanesischen Grenze.

Nach 25 Jahren als Unifil-Sprecher im Südlibanon weiß er, wie schnell die Waffen sprechen können zwischen der Hisbollah und der israelischen Armee. Goksel, inzwischen Professor für Konfliktforschung an der ,,Amerikanischen Universität Beirut'', will die internationale Truppe daher lieber heute als morgen einrücken sehen, um die bestehenden Unifil-Verbände im Südlibanon zu verstärken. Angeboten haben sich bisher die Franzosen, Griechen, Italiener, die Türken - und die Deutschen.

Vor allem Israel selbst wünscht den Einsatz der Bundeswehr. Der Druck auf Berlin ist massiv gestiegen, seit Premierminister Ehud Olmert im Interview mit der Süddeutschen Zeitung gesagt hat: ,,Ich wünsche mir eine Beteiligung deutscher Soldaten. Es gibt zurzeit keine Nation, die sich Israel gegenüber freundschaftlicher verhält als Deutschland.''

Kaum noch zu vermeiden

Da der Bundeswehr-Einsatz vor dem Hintergrund solcher israelischer Äußerungen politisch kaum noch zu vermeiden ist, stellt sich die Frage, welche Rolle deutsche Soldaten übernehmen können.

Wie die Berliner Debatte zeigt, ist jede Art von Kampfeinsatz zur Friedenssicherung unmöglich: Bei einem ,,robusten Mandat'' müssten deutsche Truppen ihre Waffen unter Umständen auf israelische Soldaten richten - angesichts der deutschen Nazi-Vergangenheit undenkbar.

Ernsthaft diskutiert werden deshalb nur Einsätze bei der Ausbildung der libanesischen Arme, Hilfe bei der Sicherung der libanesisch-syrischen Grenze oder eine Rolle der Marine bei der Kontrolle von Handelsschiffen vor der libanesischen Küste.

Bei der Betreuung fremder Truppen hat die Bundeswehr Erfahrung: Sie bildet zusammen mit anderen Europäern die neue afghanische Armee aus. Auch die Kontrolle zur See wäre nicht neu: Schiffe der Bundesmarine patrouillieren seit langem vor dem Horn von Afrika.

Die syrische Grenze ist heikler. Die Hisbollah kämpfte ihren Raketen-Krieg gegen die Städte im israelischen Norden mit Waffen aus Iran und Syrien. Diese wurden jahrelang ungehindert aus Syrien geliefert. Jetzt, wo die Hisbollah ihren Vorrat an Katjuschas und anderen Raketen entweder verfeuert hat oder er von Israels Luftwaffe zerbombt worden ist, wird die Hisbollah sofort mit dem Auffüllen der Waffenlager beginnen.

Der Nachschub aber kann nur aus Syrien kommen. ,,Das sind 300 Kilometer einer weitgehend ungesicherten Grenze, über die die Syrer und Libanesen nach Belieben wechseln. Diese Raketen kommen also nicht über die offiziellen Grenzposten, da werden keine Frachtpapiere ausgefüllt'', sagt Goksel. ,,Die Waffen kommen in kleinen Stückzahlen ins Land, etwa auf Gemüselastern versteckt.''

Der frühere Unifil-Mann meint, dass die deutsche Bundespolizei mit der Grenzsicherung überfordert wäre. ,,Kontrolle klingt gut. Aber was macht Hans, wenn er an dieser offenen Grenze irgend einem Schmuggler namens Mohammed gegenübersteht? Festnehmen darf er ihn nicht, dazu hat er die Befugnis nicht. Also muss ihm ein libanesischer Grenzbeamter namens Hussein zur Seite gestellt werden. Der aber ist mit Mohammed verwandt und schaut einfach weg.''

Goksels nüchternes Resumee: ,,Hier schaut doch schon jeder Verkehrspolizist weg, wenn es ihm gelegen kommt. Deutsche Bundespolizisten an der syrischen Grenze - das klingt schön, ist aber unrealistisch.''

Was die in mehreren UN-Resolutionen geforderte, aber im Detail kaum definierte Entwaffnung der Hisbollah betrifft, ist Goksel ebenfalls skeptisch: ,,Was die Hisbollah angeht, so sollte man von der neuen Unifil-Truppe nicht die Lösung des Problems erwarten. Das muss die libanesische Regierung politisch hinkriegen. Die UN-Truppe kann ihr nur den Rücken freihalten.

Um die Entsendung ausländischer Truppen zu beschleunigen, fordert Goksel eine klarere Definition der neuen Unifil-Mission: ,,Bevor irgendein Land dieser Welt Soldaten ins Ausland entsendet, will es schwarz auf weiß lesen, welcher Job gemacht werden muss. Alle UN-Mitgliedstaaten haben sich interessiert gezeigt an der neuen Unifil-Arbeit - und alle stellen nun dieselbe Frage: Welcher Job soll im Südlibanon eigentlich erledigt werden?''

© SZ vom 17.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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