Justizministerium:Behörden sollen Zugriff auf Internet-Passwörter bekommen

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Der Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Hasskriminalität im Netz räumt den Ermittlern umstrittene Rechte ein.

Von Max Hoppenstedt und Ronen Steinke, Berlin

Sicherheitsbehörden sollen künftig das Recht erhalten, Internet-Unternehmen wie Google oder Facebook zur Herausgabe von Passwörtern ihrer Kunden zu zwingen. Dies sieht ein Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium vor, der die stärkere Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet zum Ziel hat. Demnach sollen Polizeibehörden, aber auch Verfassungsschutzämter oder der Bundesnachrichtendienst einen Auskunftsanspruch gegen IT-Unternehmen erhalten. Vorgesehen ist ein Richtervorbehalt, jedoch soll bereits der Verdacht einer geringfügigen Straftat genügen, die mit Kommunikationsmitteln verübt worden sein soll.

Der Plan, den etwa der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle als "Albtraum für die IT-Sicherheit" bezeichnet, steht in einem gewissen Widerspruch zum heute geltenden Datenschutzrecht. Demnach dürfen IT-Unternehmen die Passwörter ihrer Kunden gar nicht unverschlüsselt auf Vorrat halten. Anfragen der Behörden würden deshalb womöglich meist ins Leere laufen, räumt ein Sprecher des Justizministeriums ein. Dennoch hat das Signal, dass der Staat prinzipiell auch auf solche Daten zugreifen möchte, bereits die Bürgerrechtsorganisation Gesellschaft für Freiheitsrechte auf den Plan gerufen. Man erwäge, Verfassungsbeschwerde einzulegen, sagte deren Vorsitzender Ulf Buermeyer der Süddeutschen Zeitung. "Strafverfolger könnten durch die Regelung auf den Gedanken kommen, dass sie Unternehmen dazu zwingen könnten, ihre Passwörter unverschlüsselt zu speichern."

Die zweite große Änderung für soziale Netzwerke besteht darin, dass das Justizministerium eine Anzeigepflicht für bestimmte Äußerungsdelikte festschreiben will. Unternehmen wie Facebook oder Twitter sind dann verpflichtet, bestimmte Hasspostings ihrer Nutzer nicht nur zu löschen wie bisher, sondern sie auch an das Bundeskriminalamt (BKA) zu melden. Hierzu soll das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verschärft werden. Auf der Liste dieser Delikte stehen unter anderem Volksverhetzung und das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole, das Billigen von Straftaten sowie Morddrohungen.

Keine Meldepflicht soll es weiterhin bei Beleidigung und übler Nachrede geben. Dies sind Delikte, die bislang nur auf Wunsch des Opfers verfolgt werden können, und dabei soll es auch in Zukunft bleiben. Jedoch soll für soziale Netzwerke eine neue Pflicht eingeführt werden. Wenn sich Nutzer über eine Beleidigung zum Beispiel bei Facebook beschweren, muss das Netzwerk sie darüber informieren, dass sie Strafanzeige und Strafantrag stellen können und wo sie hierüber Informationen erhalten können.

Im Strafgesetzbuch werden solche sogenannten Äußerungsdelikte bislang relativ milde gewichtet, vor dem Hintergrund der raschen Verbreitung von Äußerungen über das Netz sollen nun an vielen Stellen die Strafrahmen erhöht werden. So plant das Justizministerium etwa Verschärfungen bei der Billigung von Straftaten und bei der strafbaren Bedrohung.

© SZ vom 16.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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