Brandanschläge:Ein naiver Staatsanwalt

Wer Feuer legt, kommt in Hagen frei.

Von Annette Ramelsberger

Ein Feuerwehrmann und sein Kumpel haben im Sauerland den Dachstuhl eines Flüchtlingsheims angezündet. Der eine ging mit dem Benzinkanister nach oben, der andere stand Schmiere. Im Haus: sieben Menschen, darunter eine schwangere Frau. Die Menschen wurden gerettet, die Täter gefunden - und dann freigelassen.

Der Staatsanwalt in Hagen sagt dazu: Keine Fluchtgefahr - die Täter seien ja nicht untergetaucht. Keine Verdunkelungsgefahr - die beiden hätten doch gestanden. Und auch keine Wiederholungsgefahr - denn sie bereuten die Tat. Also keine Haftgründe. Juristisch nicht zu beanstanden und dennoch verheerend.

Die Staatsanwaltschaft Hagen zeigt eine politische Naivität, die man im Osten über Jahrzehnte kritisiert hat. Da wird das Motiv des Täters entpolitisiert - er habe halt Angst gehabt. Vor sieben Flüchtlingen in der Nachbarschaft? Dubiose Angst muss auch bei der Pegida herhalten für Angriffe auf Journalisten und Politiker - als wenn Angst Anschläge entschuldigen könnte. Die Brandstifter hätten nicht töten, sondern nur vertreiben wollen, sagt der Staatsanwalt. Und der Verdächtige sei auch nicht in einer rechtsradikalen Partei. Als ob es darauf ankäme. Längst haben sich rechtsradikale Ansichten tief hinein in die Gesellschaft gefressen. Wer das verharmlost, schützt den Rechtsstaat nicht, er gefährdet ihn. Auch tief im Westen.

© SZ vom 13.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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