Bootsflüchtlinge:Schwere Vorwürfe gegen Malta

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Der Inselstaat im Mittelmeehr verletze systematisch die Menschenrechte, kritisiert Amnesty International.

Von Nina von Hardenberg, München

Malta setze das Leben von Flüchtlingen systematisch aufs Spiel - diesen Vorwurf erhebt Amnesty International in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. "Amnesty-Recherchen zeigen, dass Menschen ums Leben kommen, weil maltesische Behörden die Hilferufe von Schutzsuchenden missachten. Auch werden Flüchtlinge und Migranten von maltesischen Behörden zurück nach Libyen verbracht, wo sie weiter schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind", sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.

Der kleine Inselstaat Malta liegt mitten auf der Fluchtroute über das Mittelmeer. Allein in diesem Jahr kamen dort fast 2200 Flüchtlinge an - für den Staat mit 500 000 Einwohnern ist das viel. Um einen noch stärkeren Zustrom zu verhindern, habe Malta zuletzt auf illegale Methoden gesetzt und internationales Recht gebrochen, kritisiert Amnesty International.

Der Bericht dokumentiert, dass maltesische Behörden Boote charterten, mit denen Flüchtlinge nach Libyen zurückgebracht werden - eine Praxis, die gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt, da den Flüchtlingen in den dortigen Lagern Folter droht. So habe Malta etwa am 15. April 2020 in einem gecharterten Fischerboot 51 aus Seenot gerettete Männer, Frauen und Kinder aus der eigenen Seenotrettungszone nach Libyen gebracht. Zwölf Menschen hätten dies nach Zeugenberichten nicht überlebt.

Malta sei außerdem dazu übergangen, Schiffe in der eigenen Seenotrettungszone von der libyschen Küstenwache abholen zu lassen. Auch das sei ein Verstoß gegen internationales Seerecht. Dieses verpflichte die Staaten, in Seenot geratene Menschen zu retten und in den nächstgelegenen (also eigenen) Hafen zu bringen, so Amnesty. "Die Europäische Union hat die libysche Küstenwache mit viel Geld ausgestattet und aufgebaut. Bei der Menschenrechtsfrage aber schaut Europa weg", sagt Franziska Vilmar, Asylexpertin von Amnesty International. Es fehlten Kontrollen, ob Menschenrechte eingehalten würden. Die EU müsse dringend effektive Überwachungsmechanismen für die Einhaltung von Menschenrechten an den EU-Außengrenzen einführen, fordert Amnesty International. Die EU-Kommission will Ende des Monats Vorschläge für ein neues Asylsystem vorlegen.

© SZ vom 09.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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