BND-Panne im Kosovo:Heftige Kritik am Kanzleramt

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Die zeitweilige Inhaftierung von drei Agenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) belastet nicht nur die Beziehungen zwischen Deutschland und dem Kosovo. Auch das Kanzleramt muss sich scharfe Kritik anhören.

Hans Leyendecker

Die drei Agenten des Bundesnachrichtendienstes (BND), die wegen angeblicher Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude der EU im Kosovo in Untersuchungshaft gesessen hatten, sind am Samstag mit einer kleinen Sondermaschine vom Militärflughafen Pristina nach Deutschland ausgeflogen worden. Ihr Fall hatte die deutsch - kosovarischen Beziehungen belastet und zu Verstimmungen zwischen dem BND und dem Kanzleramt geführt.

Freigelassene BND-Agenten: Für den Kosovo "verbrannt" (Foto: Foto: dpa)

Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Bundestages soll jetzt den von BND-Hierarchen geäußerten Vorwurf prüfen, die Regierung habe sich unzureichend für die Agenten eingesetzt. Dies kündigte der PKG - Vorsitzende Thomas Oppermann (SPD) an. Oppermann signalisierte aber gleich, dass er die Kritik für unberechtigt halte.

In der Süddeutschen Zeitung hatten am Wochenende nicht namentlich genannte hochrangige Vertreter des BND das Krisenmanagement des Kanzleramtes heftig kritisiert. Sie hatten der Regierung vorgeworfen, sich zu spät und unentschlossen für die Freilassung der drei Agenten eingesetzt zu haben. Es sei gleich klar gewesen, dass die Vorwürfe gegen die Agenten fingiert gewesen seien. Dennoch habe die Bundesregierung, die erhebliche Fördergelder an den Kosovo zahlt, die kosovarische Regierung nicht unter Druck gesetzt.

Der BND will jetzt intern analysieren, wie es zu der Festnahme der drei Agenten kommen konnte. Bereits vorige Woche hatten BND-Beamte in Berlin erklärt, die Operation sei "sicherlich suboptimal" gelaufen. Aber Manöverkritik könne es erst nach der Freilassung geben.

Der BND-Agent Andreas J. war am 14. November von kosovarischen Sicherheitskräften festgehalten worden, nachdem er Stunden nach einem Sprengstoffanschlag in Pristina von einem Nachbarhaus aus Fotos des Tatorts gemacht hatte. Tage später wurden er und zwei seiner Kollegen verhaftet. Alle drei arbeiteten verdeckt für den BND und waren nicht als Diplomaten angemeldet.

"Es wäre sicher besser gewesen, wenn der Resident die Operation durchgeführt hätte", sagt ein Nachrichtendienstler. "Wenn der festgehalten worden wäre, hätte er nur seinen Diplomatenpass vorzeigen müssen".

Möglicherweise sei den drei Beamten "das Jagdfieber durchgegangen". Dass Fotos vom Tatort gemacht wurden, gehöre zu den Aufgaben der Beamten. "Nach einem Anschlag reicht es nicht, die Berichte örtlicher Zeitungen abzuschreiben". Die drei Agenten, die von kosovarischen Behörden öffentlich vorgeführt wurden und deren Fotos von Fernsehen und Zeitungen gezeigt wurden, können nicht mehr in den Kosovo zurückkehren. Sie sind, wie es im BND-Jargon heißt, "verbrannt." Der BND werde aber seine Aufklärungsarbeit im Kosovo "nicht zurückfahren" sagt ein Nachrichtendienstler.

Verschiedene Bereiche des Dienstes kümmern sich um den kleinen Balkan-Staat. Das Kosovo-Referat ist eines der größten Referate des Dienstes. Der BND wirft in internen Berichten dem heutigen Ministerpräsidenten Hashim Thaci vor, eine wichtige Figur in einem kriminellen Netzwerk zu sein. Thaci hat diesen Vorwurf stets heftig dementiert. Der BND geht davon aus, dass Thaci jetzt den deutschen Nachrichtendienst vorführen wollte und dass die drei Agenten nur das Bauernopfer waren. In einem beschlagnahmten Notizblock eines BND-Agenten mit Informationen über Mafiaaktivitäten hatten kosovarische Behörden den Namen Thaci gefunden.

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