Blockade der Hamas:Klarer Trennungsstrich

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Israel bleibt dabei: Mit Terroristen gibt es keine Verhandlungen, auch wenn diese zur Lösung lokaler Probleme notwendig sind.

Thorsten Schmitz

Es ist israelischen Medien am Donnerstag nicht gelungen herauszufinden, ob die außerordentliche Sitzung des israelischen Kabinetts in der Holocaustgedenkstätte Jad Vaschem mit Absicht auf den Tag nach der Palästinenserwahl gelegt worden war.

Doch der amtierende Regierungschef Ehud Olmert, der den noch immer im Koma liegenden Ariel Scharon ersetzt, mochte sich dazu nicht äußern. Anstatt den in Israel mit Fassungslosigkeit aufgenommenen Wahlsieg der Hamas zu kommentieren, sprach Olmert in Jad Vaschem über den Holocaust, das neue Museum in der Gedenkstätte und die Gefahr des Antisemitismus.

Ein Vergleich zum Hamas-Sieg drängte sich förmlich auf, denn die Hamas speist ihren Erfolg auch aus der Überzeugung, dass Juden nicht dort leben dürften, wo ein islamistischer Gottesstaat errichten werden soll.

Nach einer Sondersitzung, zu der Olmert das Kabinett am Donnerstagabend zusammengerufen hatte, redete die Regierung Klartext: Israel lehnt jede Art von Verhandlungen mit einer Palästinenserregierung ab, der "eine terroristische Organisation" angehört.

Der Hamas-Sieg könnte Olmert, der als Chef der von Scharon gegründeten "Kadima" (Vorwärts)-Partei Ende März zum Premierminister gewählt werden will, aber noch in eine Zwickmühle bringen.

Die Tageszeitung Haaretz hatte vor der Kabinettsentscheidung kommentiert, Olmert habe "die Wahl zwischen einer schlechten und einer sehr schlechten Lösung".

Äußere er konziliante Töne gegenüber der Hamas, um diese von ihrem Willen zur Gewalt abzubringen, würden seine politischen Rivalen, allen voran Benjamin Netanjahu, ihre Wahlkampagne darauf konzentrieren, dass der einseitig vollzogene Abzug Israels aus dem Gaza-Streifen im vergangenen Sommer die Hamas für ihren Terror "belohnt" habe.

"Scharon ist schuld"

Sogar der linke Politiker Jossi Beilin schlug in diese Kerbe und gab Scharon die Schuld am Hamas-Sieg: "Er hat den Gaza-Rückzug ohne die Autonomiebehörde durchgezogen und so die Palästinenser in ihrem Glauben gestärkt, die Gewalt habe zu einem Ende der Gaza-Besatzung geführt."

Setzte Olmert, so Haaretz weiter, allerdings seine Absicht in die Tat um, wegen der siegreichen Hamas den Kontakt zur Autonomiebehörde gänzlich einzufrieren, treibe er Israel außenpolitisch erneut in jene Teil-Isolation, aus der Scharon das Land gerade erst herausgeholt habe.

Denn die Wahlen seien, wie der prominente Wahlbeobachter Jimmy Carter und seine 80-köpfige Delegation in Ramallah bestätigten, nach demokratischen Prinzipien abgehalten worden.

Der "Kadima"-Partei könnte der Hamas-Sieg aber auch helfen, denn deren Programm verfolgt eine einseitige Grenzziehung zu den Palästinensern. Wenn nun die Hamas den palästinensischen Regierungschef stellt, dann wird es auf absehbare Zeit keine Verhandlungen mit der Autonomiebehörde geben, ein klarer Trennungsstrich wird gezogen.

Optimistisch Stimmen waren in Israel nur wenige zu hören. Es wurde aber doch darauf hingewiesen, dass Hamas angesichts der Verantwortung für die 3,4 Millionen Palästinenser ihre Politik der Gewalt nicht fortsetzen könne.

Auch wurde argumentiert, dass Israel längst schon jetzt mit der Terrorgruppe verhandelt - wenn auch bislang nur auf lokaler Ebene, mit den Bürgermeistern von Kalkilia und Nablus etwa.

Bei diesen Kontakten geht es aber nicht um Grenzen, die Jerusalem-Frage oder das Rückkehrrecht für Flüchtlinge, sondern um Müllabfuhr und Abwasserrohre.

© SZ vom 27.1.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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