Berlin:Mehr Geld auf die Hand

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Die Bundesregierung will die Leistungen für Asylbewerber neu regeln. Das Sozialministerium verspricht eine kostenneutrale Reform: Das "Taschengeld" soll steigen, die Bedarfssätze im Gegenzug sinken.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Von "Taschengeld" möchte Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär im Bundessozialministerium, nicht sprechen, wenn es um Hilfe vom Staat für Asylbewerber geht. Und doch ist die Debatte über die Sach- und Geldleistungen für Geflüchtete mit genau diesem Schlagwort verbunden. Nachdem die damalige Regierung 2016 am Bundesrat mit dem Versuch gescheitert war, das Asylbewerberleistungsgesetz zu reformieren, unternimmt die jetzige nun einen neuen Anlauf: mit niedrigeren Sätzen für Dinge wie Kleidung und Essen - und mehr "Taschengeld".

Das Sozialministerium habe den entsprechenden Entwurf am Dienstag in die Ressortabstimmung gegeben, sagte Schmachtenberg am Mittwoch in Berlin. Im Kern geht es um die Neuberechnung der Sätze auf Grundlage neuer Daten des Statistischen Bundesamtes. Grundsätzlich ähnelt die Unterstützung von Asylbewerbern der Sozialhilfe. Allerdings sind die Leistungen teils niedriger, etwa wenn Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind. Außerdem wird der Bedarf stärker über Sachleistungen gedeckt. Technisch unterscheidet das Gesetz zwischen dem sogenannten notwendigen Bedarf, zu dem etwa Nahrung und Kleidung gehören, und dem "notwendigen persönlichen Bedarf", von Zahncreme bis Telefon.

Das "Taschengeld" soll steigen, die Bedarfssätze sinken - so entstehen keine neuen Kosten

Bei ersterem sieht die Reform - außer für Kinder zwischen sechs und 13 - niedrigere Sätze vor. Der Grund: Ausgaben für Strom oder die Instandhaltung der Wohnung werden herausgerechnet, weil dafür meist der Staat aufkommt. Der persönliche Bedarf dagegen wird höher angesetzt. In der Summe führt das zu höheren Leistungen für Kinder; für Jugendliche sinken die Leistungen minimal, für alle anderen etwas stärker. Ein Beispiel: Alleinstehende bekommen 194 statt 219 Euro für den notwendigen Bedarf und 150 statt 135 Euro "Taschengeld". Insgesamt, sagte Schmachtenberg, sei die Reform kostenneutral.

Neben den neu berechneten Sätzen ist auch geplant, dass Asylbewerber, die sich zum Beispiel in einem Verein engagieren und dafür eine Ehrenamtspauschale bekommen, bis zu 200 Euro von diesem Geld behalten dürfen - es wird nicht mit den Asylleistungen verrechnet. Zudem soll eine Förderlücke für Auszubildende und Studenten geschlossen werden. Bislang müssen Flüchtlinge nämlich nach 15 Monaten in die Sozialhilfe wechseln. Die aber gilt nicht für Studenten und Azubis, weil es für sie ja Bafög gibt. Nur: Geflüchtete haben, anders als ihre deutschen Kommilitonen, oft keinen Anspruch auf Bafög. Sie können sich staatliche Leistungen also nur mit dem Abbruch ihrer Ausbildung sichern. Ein Fehlanreiz, den Schmachtenberg "nicht so richtig prickelnd" nannte, und der nun abgeschafft werden soll. Geht es nach dem Sozialministerium, soll sich das Kabinett noch vor Ostern mit dem Entwurf befassen. 2020 soll das Gesetz dann in Kraft treten.

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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