Bericht zur Lage im Irak:Petraeus stellt sich hinter Bush

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Der US-Oberkommandierende im Irak, General Petraeus, stellt sich hinter die Strategie der Bush-Regierung und warnt vor einem umfangreichen Truppenabzug aus dem Irak. Demokraten werfen Bush dagen vor, seine Irak-Politik sei gescheitert.

Christian Wernicke, Washington

Trotz massiver Vorbehalte im amerikanischen Volk und im Kongress halten die Bush-Regierung und die US-Militärführung an ihrer Irak-Strategie fest. Am Montag warnte General David Petraeus, der oberste US-Kommandeur im Irak, vor einem baldigen Teilabzug amerikanischer Truppen. Dies würde jüngste militärische Erfolge zunichte machen.

Petraeus kündigte in einer Anhörung im Repräsentantenhaus an, dass er bis zum Frühjahr 2008 den Kampf gegen Aufständische und Terrorgruppen mit etwa 160.000 Soldaten fortsetzen will. Dann solle die Anzahl der Truppen "bis Sommer nächsten Jahres" auf 130.000 reduziert werden. Danach werde es eine weitere Verringerung geben, aber er lehnte es ab, konkrete Zahlen und Termine zu nennen. Bis Ende dieses Monats sollen 2000 Marine-Infanteristen in die USA zurückkehren. Als Geste an Kriegsskeptiker will das Weiße Haus im Dezember weitere 4000 US-Soldaten abziehen.

Der Kommandeur sagte, "die Sicherheitslage im Irak wird besser". Die zu Jahresbeginn von Präsident George W. Bush angeordnete Truppenverstärkung um 30.000 Soldaten und eine gezielte Strategie zur Bekämpfung aufständischer Gruppen zeige Wirkung. Vor allem im Großraum Bagdad sei die religiöse Gewalt deutlich gesunken, in mehreren sunnitischen Provinzen würden ehemalige Rebellen inzwischen an der Seite amerikanischer Soldaten gegen Al-Qaida-Verbände kämpfen.

US-Botschafter in Bagdad zeigt sich "frustriert"

Petraeus nannte Statistiken, die einen Rückgang der Gewalt etwa auf das Niveau in der ersten Jahreshälfte 2006 belegten. Ryan Crocker, der US-Botschafter in Bagdad, räumte jedoch in seiner Anhörung ein, dass die irakische Regierung den Spielraum gewachsener Stabilität nicht für eine Versöhnung des Landes nutzt. "Ich bin jeden Tag frustriert, den ich im Irak verbringe", sagte er. Crocker mahnte aber auch zur Geduld, es gebe "ernsthafte Bemühungen" für Kompromisse in Bagdad.

Demokratische Politiker hielten der Bush-Regierung vor, ihre Irak-Strategie sei "gescheitert". "Militärischer Fortschritt ohne politischen Fortschritt ist sinnlos. Wir müssen raus aus dem Irak, zum Wohle jenes Landes und unseres eigenen", sagte Tom Lantos, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Repräsentantenhaus. Im Senat benötigen sie die Stimmen moderater Republikaner, um den Präsidenten zur Änderung seines Kurses zu zwingen. Deshalb gilt es als ausgeschlossen, dass der Kongress die Mittel für den Krieg sperrt oder auch nur ein festes Zieldatum für den Rückzug der Kampftruppen beschließt.

Die Anhörung war der Auftakt einer Debatte um den US-Einsatz im Irak, der seit März 2003 fast 3800 US-Soldaten das Leben gekostet hat. Bush will seine Strategie noch diese Woche erläutern. Er muss fürchten, dass auch einige moderate Republikaner sich gegen den Kriegseinsatz wenden. Der einflussreiche Senator John Warner hatte gefordert, einige tausend Soldaten um Weihnachten herum abzuziehen. General Petraeus machte sich die Idee des Weißen Hauses zu eigen, nach dem turnusmäßigen Abzug einer Kampfbrigade im Dezember diese etwa 4000 Soldaten nicht zu ersetzen.

Eine am Montag veröffentlichte Umfrage der New York Times belegt, dass der Präsident in Bezug auf den Irak das Vertrauen der Bevölkerung fast völlig verloren hat: Nur noch fünf Prozent trauen ihm zu, den Krieg erfolgreich zu beenden. Allerdings glauben 68 Prozent der Amerikaner, das US-Militär könne dies leisten. Laut einer Umfrage der Sender ABC, BBC und NHK ist die große Mehrheit der Iraker der Meinung, die Truppenverstärkung der Amerikaner habe die Sicherheitslage verschlechtert. 47 Prozent der Iraker sprachen sich demnach für einen sofortigen Rückzug der amerikanischen Soldaten aus.

© SZ vom 11.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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