Bericht der Bundesregierung zu Afghanistan:Schlechtes Zeugnis für Karsai

Lesezeit: 2 min

Der Großteil der Kritik richtet sich gegen Afghanistans Präsident Karsai. (Foto: dpa)

Der "Fortschrittsbericht" zur Lage in Afghanistan umfasst knapp 50 Seiten und lässt kein gutes Haar an Präsident Karsai. Sein Land sei nach wie vor korrupt, es fehle am "politischen Willen". Doch immerhin gebe es einen Hoffnungsschimmer.

Das Schriftstück trägt den Namen "Fortschrittsbericht" - doch von wirklichen Fortschritten in Afghanistan will die Bundesregierung derzeit offenbar noch nicht sprechen. An diesem Mittwoch wird der Bericht, der die Entwicklung des vergangenen Jahres am Hindukusch zusammenfasst, im Kabinett besprochen.

Der Inhalt gibt nicht gerade Anlass zu großer Hoffnung, besonders was das staatliche Handeln in Kabul betrifft. Demnach "ist die Entschlossenheit der afghanischen Regierung, zum Beispiel bei der Bekämpfung der Korruption, der Größe der Aufgaben bisher nicht angemessen". Klipp und klar heißt es weiter: "Gute Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit sind Ziele, deren flächendeckende Umsetzung noch aussteht. Das liegt sowohl an der Schwäche der afghanischen Institutionen als auch an mangelndem politischem Willen."

Eines der korruptesten Länder der Welt

Die Kritik richtet sich dabei hauptsächlich an Präsident Hamid Karsai, der bereits im Juni 2012 den Kampf gegen die Korruption zur entscheidenden Aufgabe seiner Regierung erklärt habe. Allerdings, so stellt der 49-seitige Bericht fest, "gibt es anderthalb Jahre nach dem Präsidialdekret kaum Fortschritte zu verzeichnen: Laut des Korruptionsindexes von Transparency International gehört Afghanistan mit Somalia und Nordkorea auch 2013 zu den korruptesten Ländern der Welt."

Grund zur Hoffnung gebe jedoch das Agieren des Parlaments. "Das afghanische Parlament hat in seiner noch kurzen Geschichte zunehmend an Selbstbewusstsein gewonnen. Die Abgeordneten, insbesondere des Unterhauses, werden ihrer Kontrollfunktion gegenüber Präsident und Regierung gerecht und vertreten engagiert die Interessen der Wähler", schreiben die Autoren des Berichts. Als weitere Herausforderung gilt - wie seit Jahren schon - der Anbau von Pflanzen, die zur Herstellung von Drogen dienen. "Die umfangreiche Drogenproduktion in Afghanistan wirkt sich aufgrund der dabei generierten illegalen Finanzmittel besonders negativ auf den Aufbau eines Rechtsstaates aus."

Berichte über Geheimgespräche zwischen Taliban und Regierung

Für die Zukunft des Landes, so glaubt die Bundesregierung auch weiterhin, könne "nur ein innerafghanischer Versöhnungsprozess dauerhaften Frieden für Afghanistan bringen". Leider sei es in den vergangenen Monaten zu keinen Fortschritten bei möglichen Gesprächen zwischen dem von der Regierung eingesetzten Hohen Friedensrat und den Taliban gekommen. Es ist in diesem Zusammenhang von "ernüchternden Entwicklungen" und sogar Stillstand die Rede.

Von der Leyen in Afghanistan
:Frühstücken mit der Truppe

Marmeladen-Semmel statt Helm: So mancher Verteidigungsminister zeigte sich beim Besuch in Afghanistan gerne als harter Kerl in Camouflage. Die ersten Bilder aus Masar-i-Scharif von Ursula von der Leyen sehen da ganz anders aus.

Die Gründe dafür seien schwierig zu analysieren, "wahrscheinlich spielen aber Auseinandersetzungen über das Für und Wider von Verhandlungen innerhalb der Taliban selbst, sowie das Fehlen einer klaren politischen Vision der Taliban für die Zukunft Afghanistans eine wichtige Rolle".

Zu der Analyse passt, dass gerade am Dienstag wieder neue Berichte über Geheimgespräche zwischen der Regierung und den Taliban kursierten. Ein Sprecher der Taliban sprach umgehend von "Gerüchten" und wies die Berichte "scharf" zurück. Ein Sprecher von Karsai bestätigte hingegen eine entsprechende Meldung der New York Times.

© SZ vom 05.02.2014/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: