Batterieforschung:Unter Strom

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100 Millionen Euro für vier nationale Zentren: Forschungsministerin Anja Karliczek fördert weiter die Batterieentwicklung - und steht immer noch in der Kritik.

Von Boris Herrmann, Berlin

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) will die Batterieentwicklung in Deutschland weiter voranbringen. Dafür wird ihr Haus vier neue Forschungsverbünde, sogenannte Kompetenzcluster, mit insgesamt 100 Millionen Euro fördern. Beteiligt sind daran laut Karliczek insgesamt mehr als 40 Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. "Deutschland ist mittlerweile im besten Sinne wieder ein Hotspot in der Batterieforschung", sagte die Ministerin am Mittwoch in Berlin.

In vier Forschungsbereichen wird das nationale Know-how gebündelt

Dieselbe Batterieforschung aber war im vergangenen Jahr auch so etwas wie der Hotspot der breiten öffentlichen Kritik an Anja Karliczek. Das Vergabeverfahren für eine 500 Millionen Euro teure Batterieforschungsfabrik in Münster hatte nicht nur am aussichtsreichen Konkurrenzstandort Ulm zu großer Irritation geführt, denn an Münster grenzt Karliczeks Wahlkreis, ihre Heimatstadt Ibbenbüren, die an der Bewerbung beteiligt war. Auch die Ministerpräsidenten der sogenannten Autoländer, also Markus Söder (Bayern, CSU), Winfried Kretschmann (Baden-Württemberg, Grüne) und Stephan Weil (Niedersachsen, SPD), beschwerten sich über den Zuschlag für Münster, sie schickten einen gemeinsamen Brief an Kanzlerin Angela Merkel. Karliczeks Parteifreundin Susanne Eisenmann, die Kultusministerin aus Stuttgart, legte der Bundesforschungsministerin sogar einen Rücktritt nahe - für den Fall, dass sich die Vorwürfe erhärten sollten, sie habe ihre Heimatregion bevorteilt. Karliczek ging transparent mit der Affäre um, sie legte Gutachten, interne Dokumente und E-Mails vor und ließ sich zweimal vom Forschungsausschuss des Bundestages verhören. Aber noch ist die Sache nicht ganz ausgestanden. Auch der Bundesrechnungshof prüft das Vergabeverfahren. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung liegt dem Ministerium derzeit ein vorläufiger Prüfbericht zur Stellungnahme vor.

Die Idee, nun vier überregionale Forschungsverbünde zu fördern, ist laut Karliczek Ende 2019 in Gesprächen mit ihren Kolleginnen und Kollegen der Länder entstanden. Man darf annehmen, dass es sich dabei auch um das Ergebnis eines Schlichtungsprozesses nach der Causa Münster handelte. Alle relevanten Standorte seien nun mit ihren jeweiligen Stärken in die Batteriezellenforschung eingebunden, sagte Karliczek am Mittwoch: "Wir haben einen nationalen Ansatz gewählt und nicht einen Bundesländeransatz."

Professor Christoph Herrmann, der mit der TU Braunschweig am Forschungsverbund für das Recycling von Batterien beteiligt ist, sagt: "Es ist das erste Mal, dass wir in Deutschland so zusammenkommen und zusammenarbeiten." Weitere Forschungskooperationen kümmern sich um die "intelligente Produktion von Batteriezellen" sowie um "Batterienutzungskonzepte". Der im vergangenen Jahr schwer angesäuerte Standort Ulm ist mit seinem Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoffforschung an dem vierten Kompetenzcluster zur "Qualitätssicherung" beteiligt.

Sind damit alle besänftigt in der bunten Forschungslandschaft? Aus dem Haus von Susanne Eisenmann heißt es, die Wahl der Cluster sei positiv zu bewerten, aber was die Standortwahl von Münster im vergangenen Jahr angehe, bleibe ein Beigeschmack.

© SZ vom 09.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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