Aufstand gegen Assad:Vier italienische Reporter in Syrien entführt

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Im Norden Syriens sind vier italienische Journalisten verschleppt worden. Wer hinter der Entführung steckt, ist unklar. Schon etwa fünf Millionen Syrer sollen wegen des Aufstands gegen Machthaber Assad auf der Flucht sein - der zeigt sich nach Gerüchten über seinen Tod in einem Fernsehinterview.

In Syrien sind am Freitag mehrere italienische Journalisten entführt worden. Dies teilte das Außenministerium in Rom mit. Das Ministerium setzte einen Krisenstab ein, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Die Sicherheit der Entführten habe "höchste Priorität", zitierte Ansa das Ministerium.

Demnach wurden die vier Reporter im Norden des Landes in der Nähe zur türkischen Grenze verschleppt. Es handele sich um einen Journalisten des RAI-Fernsehens, zwei freie Mitarbeiter und eine italienisch-syrische Frau, die für eine italienische Zeitung tätig ist. Bislang gibt es von den Journalisten nach Angaben von Aktivisten noch keine Spur.

Das Gebiet werde von Rebellen kontrolliert, sagte der Leiter der oppositionellen syrischen Menschenrechtsbeobachter in London, Rami Abdel Rahman. Der Aktivist wies darauf hin, dass es inzwischen einige bewaffnete Gruppen gebe, die Menschen entführten, um Lösegeld zu erpressen.

Bereits Mitte Dezember war ein Italiener zusammen mit zwei Russen in Syrien entführt worden. Die drei Männer kamen Anfang Februar wieder frei. Erst kürzlich war der langjährige ARD-Korrespondent Jörg Armbruster in Syrien schwer verletzt worden.

Präsident Baschar al-Assad hatte erst am Dienstag ein Dekret veröffentlicht, wonach Entführern in Syrien eine Amnestie angeboten wird, wenn sie die Geiseln innerhalb von 15 Tagen freilassen. Ansonsten drohe ihnen eine lebenslange Haft im Arbeitslager oder - etwa im Falle getöteter Geiseln - die Hinrichtung.

Millionen Syrer auf der Flucht

Auch die Lage der Syrer wird immer katastrophaler. Internationale Organisationen kommen mit der Hilfe für die vielen Flüchtlinge kaum nach. Die Zahl der Notleidenden in Syrien wächst dramatisch an und liegt inzwischen bei rund vier Millionen, wie eine Sprecherin des Flüchtlingskommissariat UNHCR sagte. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) warnte vor einer Katastrophe.

Nach UNHCR-Angaben sind in den Nachbarländern Syriens und in Ägypten inzwischen mehr als 1,2 Millionen syrische Flüchtlinge registriert. Damit wäre inzwischen mindestens ein Viertel von gut 20 Millionen Syrern, die zuletzt im Land lebten, auf der Flucht. In Syrien befinden sie sich vielerorts in Lebensgefahr - denn die Kämpfe dauerten vor allem im Großraum Damaskus an. Dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz zufolge können viele notleidende Syrer inzwischen nur noch durch internationale Hilfslieferungen überleben.

Assad zeigt sich der Öffentlichkeit

Syriens Präsident Assad hat türkischen Medien ein seltenes Interview gegeben - wenige Tage nachdem Oppositionelle über seinen Tod spekuliert hatten. Der Machthaber griff darin den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan mit scharfen Worten an. Erdogan gebe vor, Lösungen im Syrienkonflikt vorzuschlagen, und unterstütze gleichzeitig bewaffnete Gruppen, sagte Assad in dem am Freitag ausgestrahlten Interview des türkischen Fernsehsenders Ulusal. Die Türkei statte die Assad-feindlichen Milizen mit Waffen aus, biete ihnen medizinische und sonstige Hilfe an und schicke sie dann nach Syrien.

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Russlands Präsident Wladimir Putin forderte einen Stopp aller Waffenlieferungen an die syrische Opposition. In einem Interview der ARD verwies er auf einen Zeitungsbericht, nach dem die Oppositionstruppen im syrischen Bürgerkrieg in letzter Zeit mit 3500 Tonnen Munition und Rüstungsgütern versorgt worden sind. "Das muss gestoppt werden", sagte er. "Es gibt doch völkerrechtliche Normen, nach deren Maßgabe Waffenlieferungen an die Gruppierungen, die die Situation in dem einen oder dem anderem Land auf bewaffnetem Wege destabilisieren wollen, unzulässig sind." Die russischen Waffenlieferungen an das Regime von Assad verteidigte Putin dagegen: "Es gibt keine Verbote für Waffenlieferungen an die amtierenden legitimen Regierungen." Russland zählt zu den wichtigsten Waffenlieferanten des Assad-Regimes.

Der seit zwei Jahren andauernde Aufstand gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad hat sich zu einem Bürgerkrieg entwickelt. Nach Schätzung der Vereinten Nationen wurden bislang 70.000 Menschen in dem Konflikt getötet.

© Süddeutsche.de/AFP/Reuters/dpa/jasch - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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