Es geht allein um Gesichtswahrung, allein um Politik fürs Schaufenster. Frankreichs sozialistische Regierung dekretierte zwar, das alte, pannenanfällige Atomkraftwerk Fessenheim an der deutschen Grenze werde abgeschaltet. Präsident François Hollande aber, der nur noch einen Monat im Amt ist, muss dafür, wann genau Fessenheim stillgelegt wird, nicht mehr einstehen.
Das Dekret aus Paris kann nicht kaschieren, dass Hollande mit seiner Energiewende à la française an der Atomlobby gescheitert ist. Wie ein Staat im Staat diktiert der AKW-Betreiber EDF die Energiepolitik: Erst verschleppte das öffentliche Unternehmen die Gespräche zu Fessenheim, sodass der ursprüngliche Abschalt-Termin 2016 platzt. Dann verhandelte es eine Entschädigung von einer halben Milliarde Euro auf Kosten der Steuerzahler. Nun bestimmt es den weiteren Zeitplan, indem es die Stilllegung an die Betriebsaufnahme eines neuen AKW koppelt. Hollande hat das alles zugelassen.
Die Misswirtschaft in der Atomindustrie hat Frankreich in den vergangenen Jahren einen zweistelligen Milliardenbetrag gekostet. Dennoch hat Hollande die Abhängigkeit des Landes vom Atom nicht verringert. 2012, zu Beginn seiner Amtszeit, wollte er den Anteil von Nuklearstrom von 75 Prozent auf 50 Prozent im Jahr 2025 senken. Das hieße, 24 Reaktoren stillzulegen. Jetzt tritt Hollande ab und hat nicht einen Reaktor abgeschaltet.