Atomabkommen:Ausgetrickst

Obama hat gewonnen, aber nicht dank seiner Argumente.

Von Hubert Wetzel

Jetzt hat der Kongress es verpatzt. Das US-Parlament hätte die Möglichkeit gehabt, vernünftig über das Atomabkommen mit Iran zu debattieren. Befürworter und Gegner hätten ihre Argumente vortragen können, beide haben gute. Die Volksvertreter hätten dann Ja oder Nein sagen können zu dem Dokument, durch das Irans Nuklearindustrie eingeschränkt wird, dafür aber die Wirtschaftssanktionen gegen Teheran gelockert werden. Und danach hätte Präsident Barack Obama das Abkommen, seinen größten außenpolitischen Erfolg, umsetzen können. Denn so funktioniert Außenpolitik in den USA: Das Parlament redet mit, der Präsident aber entscheidet.

Stattdessen gab es ein Spektakel. Die republikanischen Gegner des Abkommens überboten sich mit bizarren Schreckensszenarien. Die Bedenken der seriösen Skeptiker wurden dadurch übertönt, viele Zweifler unter den Demokraten in Obamas Lager getrieben. Wer will sich schon mit Irrlichtern wie Dick Cheney oder Donald Trump gemein machen? Am Ende konnten die Demokraten mit einem Kniff verhindern, dass über das Abkommen überhaupt abgestimmt wurde.

Barack Obama kann erleichtert sein, aber nicht allzu stolz. Sein Atomabkommen hätte in einer freien Abstimmung im Parlament keine Mehrheit gefunden. Im Senat waren nur 42 der 100 Senatoren dafür - gerade genug, um eine Niederlage Obamas zu verhindern. Der Präsident hat zwar gewonnen. Aber nur mit Verfahrenstricks, nicht mit starken Argumenten.

© SZ vom 12.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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