Asylbescheide:Das Schicksalsamt

Das Bundesamt für Migration macht gewiss nicht alles richtig. Aber die Politik erschwert seine Arbeit weiter.

Von Jan Bielicki

Es ist eine Entscheidung, die Leben verändert, und sie fiel in diesem Jahr fast eine Viertelmillion Mal. Der Takt der Asylbescheide aus dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat sich enorm beschleunigt - und ist doch bei weitem nicht schnell genug. Denn gekommen sind fast eine Million Menschen, im Amt stapeln sich 355 000 unerledigte Anträge, und noch mehr Flüchtlinge hatten noch nicht einmal die Gelegenheit, ihr Gesuch vorzubringen.

Das Bundesamt ist heillos überfordert. Und wer ist schuld daran? Die Zustände im Amt allein? Auch wenn dort vieles alles andere als gut läuft - die Politik ist derzeit dabei, die Probleme noch zu vergrößern. Wer schnellere Verfahren will, sollte eben nicht jeden Syrer in eine Anhörung schicken, nachdem bisher ein schriftliches Verfahren ausreichte. Das macht die Arbeit dort nur immer schwieriger.

Zugegeben: Wer sagt, er habe bereits vor einem Jahr gewusst, dass sich die Flüchtlingszahlen verachtfachen, der lügt. Die schiere Größe des Trecks nach Deutschland war nicht vorhersehbar. Gerade darum muss jetzt alles getan werden, dass das Amt dem Zuzug nicht mehr nur hinterherverwaltet. Denn liegen bleiben ja nicht allein Anträge, sondern Menschen - ganz buchstäblich: Je länger sie untätig im Leerraum zwischen Zurückweisung und Integration verharren müssen, desto höher werden die Kosten, finanziell, sozial und menschlich.

© SZ vom 08.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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