Aserbaidschan:Ein Land bleibt sich treu

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Die OSZE sagt ihre Beobachtermission ab; die Opposition beklagt, dass demokratische Rechte eingeschränkt werden: In Aserbaidschan gewinnt die Partei von Präsident Ilham Alijew wieder einmal die Parlamentswahl.

Von Julian Hans, Moskau

Was erste Umfragen unter Wählern in Aserbaidschan ergeben haben, hat am Sonntag niemanden überrascht. Auch das neue Parlament in Baku wird wieder von der Partei Jeni Aserbaidschan (Volksfront neues Aserbaidschan) des seit 2003 regierenden Präsidenten Ilham Alijew beherrscht sein.

Dass die Abstimmung in der Südkaukasusrepublik am Kaspischen Meer nicht fair ablaufen werde, hatte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) schon vor anderthalb Monaten konstatiert. Mitte September sagte die OSZE eine Beobachtung der Wahl ab, nachdem das autoritäre Regime versucht hatte, die Zahl der Beobachter zu begrenzen. Alle OSZE-Staaten verpflichten sich, unabhängige Wahlbeobachter zuzulassen und ihren Zugang nicht einzuschränken. Zuvor hatte Aserbaidschan bereits die parlamentarische Zusammenarbeit mit der EU beendet - obwohl das Land mit 9,5 Millionen Einwohnern Mitglied des EU-Programms der Ostpartnerschaft ist.

Die OSZE hat sich geweigert, Mitarbeiter zu schicken, um die Wahl zu beobachten

Alijew kritisierte am Sonntag seinerseits die OSZE. Mit der Weigerung, Wahlbeobachter zu schicken, habe die Organisation "alle Regeln gebrochen", erklärte der Präsident. Es sei die "Pflicht der OSZE", Beobachter zu entsenden. "Wie alle wissen, haben wir sie eingeladen und darum gebeten, zu erklären, nach welchen Kriterien sie wie viele Beobachter in ein Land schicken". Statt einer Antwort hätte die OSZE die Mission abgesagt.

Der 53-Jährige äußerte sich während eines Treffens mit dem Vorsitzenden des Komitees für Fragen der Gemeinschaft unabhängiger Staaten in der russischen Staatsduma, Leonid Sluzkij. Der russische Abgeordnete war nach Baku gereist, um seinerseits einen Eindruck von der Wahl in der ehemaligen Sowjetrepublik zu gewinnen. Entgegen der Prognosen westlicher Experten seien keine Verstöße festgestellt worden, erklärte er nach dem Besuch einiger Wahllokale. Russland und einige Länder der ehemaligen Sowjetunion entsenden eigene Missionen, die für gewöhnlich auch den Verlauf von Wahlen in autoritär regierten Staaten positiv bewerten.

Teile der Opposition hatten die 5,2 Millionen Stimmberechtigten dazu aufgerufen, den Urnengang zu boykottieren. Sie werfen der Führung in Baku vor, demokratische Rechte immer weiter einzuschränken. Menschenrechtsgruppen kritisieren, dass es in den vergangenen Monaten verstärkt zu Repressalien gegen Kritiker des Regimes gekommen ist. Besonders die Haftstrafen gegen die Bürgerrechtlerin Leyla Yunus und ihren Mann Arif stoßen international auf Kritik. Anders als etwa gegen die Führung in Weißrussland wurden jedoch nie Sanktionen verhängt. Die von einem moderaten Islam geprägte Ex- Sowjetrepublik verfügt über große Öl- und Gasvorkommen.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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