Arzneimittel:Ethik und Experiment

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Mediziner rügen einen Gesetzentwurf. Es geht dabei um Medikamentenstudien an Menschen.

Von Christina Berndt, München

Deutschlands Ethikkommissionen sind beunruhigt. In einem Brief an die Gesundheitsminister aller Bundesländer warnt der Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen vor einem Gesetzesentwurf, den die Bundesregierung Mitte März verabschiedet hat. Man sorge sich, dass künftig "die Rechte, das Wohlergehen und die Sicherheit" der Menschen, die an klinischen Studien teilnehmen, nicht mehr "im gleichen Maße wie bisher gewährleistet" seien, heißt es.

Ohne das positive Votum der Ethikkommissionen waren in Deutschland bislang keine Medikamentenstudien an Menschen möglich. Doch das soll sich mit dem neuen Gesetz ändern: Demnach muss das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm), das klinische Studien genehmigt und für die Arzneimittelzulassung zuständig ist, die Meinung der an Universitäten und Landesärztekammern ansässigen Kommissionen nur noch "maßgeblich berücksichtigen". Zudem soll es für die Registrierung der Ethikkommissionen zuständig sein und kann diese auch wieder aberkennen.

"Wir betrachten das als Maulkorb", sagt Michael Zenz, Vorsitzender der Ethikkommission der Uni Bochum. "Wenn wir einen Studienaspekt problematisch finden, kann das Bfarm künftig sagen: Wir nehmen das zur Kenntnis, aber wir setzen uns darüber hinweg." Wolfgang Eisenmenger, Chef der Ethikkommission der Uni München, hält den Entwurf für gefährlich: "Insgesamt geht es um eine Beschleunigung des Verfahrens, und die kann nicht im Sinne der Patienten sein."

Das Ministerium versichert, man bekenne sich eindeutig zu den bisherigen Kommissionen

Georg Schmidt, Vorsitzender der Ethikkommission der TU München, betont, dass sich die Kommissionen stets als Gegenspieler zu den Industrieinteressen verstanden hätten. Zuletzt seien sie aber bereits steigendem Druck ausgesetzt gewesen, Studien schneller zu genehmigen. Deshalb sei es so wichtig, die Trennung der Arzneimittelzulassungsbehörde von den Ethikkommissionen beizubehalten. Besonders treibt die Kommissionsmitglieder um, dass sich das Bundesgesundheitsministerium vorbehält, eine Bundes-Ethik-Kommission einzurichten - am Bfarm. Aus dem Ministerium heißt es, der Entwurf bekenne sich "eindeutig dazu, dass die öffentlich-rechtlichen Ethik-Kommissionen weiterhin maßgeblich beteiligt sind". Eine Bundes-Ethik-Kommission werde nur eingerichtet, "wenn dies zwingend erforderlich ist, um die Bearbeitung (der Anträge) sicherzustellen".

© SZ vom 26.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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