Ariel Scharon:Rechter Bulldozer auf Konfrontationskurs

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Der frühere Likud-Chef Ariel Scharon war konsequenter Gegner von Kompromissen mit den Palästinensern. Aktionen wie öffentliches Applaudieren bei der Ermordung des PLO-Militärchefs Khalil el-Wasir 1988 oder die Forderung nach verstärktem Siedlungsbau und weiteren Annexionen bringen Scharon den Beinamen "Bulldozer" ein. Doch dann überwarf er sich mit der eigenen Partei, weil er die israelischen Siedlungen im Gaza-Streifen räumen ließ.

Birgit Lutz

Wie ein "Bulldozer" tritt Scharon auch am 28. September 2000 auf: Er besucht den Tempelberg in Jerusalem, dessen Status einen der zentralen Streitpunkte in den Verhandlungen mit den Palästinensern darstellt.

Ariel Scharon in Siegerpose (Foto: Archiv)

"Der Tempelberg ist in unserer Hand" sagt er, und löst damit die zweite Intifada aus.

"Ariel, König von Israel"

Kompromisse sind nicht Ariel Scharons Sache, ebensowenig wie behutsames Verhandeln. Scharon ist nach seiner Offizierskarriere militärische Erfolge gewöhnt. Er nimmt an allen israelisch-arabischen Kriegen teil und hat wesentlichen Anteil am Sieg der Israelis im Yom-Kippur-Krieg, was ihm den Beinamen "Ariel, König von Israel" einbringt.

Risikofreudig und kompromisslos wie er als Militär agierte, geht er auch in der Politik vor. Parlamentarische Disziplin fällt ihm zu Beginn schwer, deshalb bricht er seine ersten politischen Gehversuche Anfang der Siebzigerjahre schnell wieder ab.

1977 aber wird er Landwirtschaftsminister unter Menachem Begin und übernimmt gleichzeitig als Präsident eines interministeriellen Komitees die Verantwortung für die Gründung israelischer Siedlungen in den besetzten Gebieten.

Von Anfang an stellt er seine Position unmissverständlich klar: Er tritt mit Nachdruck für die israelischen Interessen in den besetzten Gebieten ein und wehrt sich vehement gegen das im September 1978 in Camp David geschlossene Abkommen, das einen Autonomiestatus für die Westbank und den Gaza-Streifen vorsieht.

1981 wird er unter Begin Verteidigungsminister und trägt in dieser Amtszeit die Verantwortung für den umstrittenen israelischen Einmarsch in den Libanon.

Aufgeheiztes Klima

Auch während der Amtszeit Jitzchak Rabins bleibt Scharon scharfer Gegner aller Zugeständnisse an die Palästinenser. Er gehört zu denen, die Rabin vorwerfen, er liefere die jüdischen Siedler an die "verbrecherische PLO" aus.

Verschiedene Likud -Politiker, darunter auch Scharon, machen Stimmung gegen Rabins Friedenspolitik. Sie tragen so wesentlich zu dem aufgeheizten politischen Klima bei, das den religiös motivierten Mordanschlag auf Rabin im November 1995 hervorbringt.

Unter Benjamin Netanjahu wird 1996 für ihn ein eigenes Ressort "Nationale Infrastruktur" geschaffen, das Scharon zu einer Art Vertretung für radikale jüdische Siedler ausbaut. 1998 beruft ihn Netanjahu zum Außenminister.

Wye-Abkommen "nationales Desaster"

In Wye stößt Scharon zuerst Jassir Arafat vor den Kopf, als er sich weigert, ihm bei der Begrüßung die Hand zu geben. Das schließlich zustande gekommene Wye-Abkommen zwischen Jassir Arafat, Bill Clinton und Netanjahu bezeichnet er als "nationales Desaster".

Bis heute hat Scharon seine Meinung im Bezug auf die Abgabe von Gebieten an die Palästinenser so gut wie nicht geändert:

Im Gegensatz zu Ehud Barak, der den Palästinensern fast alle besetzten Gebiete und einen Teil Jerusalems als eigenen Staat überlassen würde, will Scharon maximal den Gaza-Streifen, kleine Teile des Westjordanlands und nichts von Jerusalem freigeben.

Auch eine Aufgabe der jüdischen Siedlungen im Westjordanland werde es unter seiner Regierung nicht geben, stellt Scharon klar.

Konstellation mit Konfliktpotenzial

Nach Auftritten wie in Wye, die Scharons mangelnde Verhandlungsbereitschaft zeigen, fällt es schwer, sich Friedensgespräche zwischen Scharon und Arafat vorzustellen.

Erschwerend kommt das Ende der Ära Bill Clinton hinzu. Der amerikanische Ex-Präsident hatte sich um einen Friedensschluss im Nahen Osten bemüht und hätte seinem außenpolitischen Wirken mit einem Friedensvertrag gern die Krone aufgesetzt.

Sein Nachfolger George W. Bush dagegen legte auf außenpolitische Reputation weniger Wert und fuhr die diplomatischen Bemühungen um eine Lösung des Konflikts zurück. Erst als die Situation im Nahen Osten mit der "Operation Schutzwall" zu eskalieren drohte, schickte er seinen Außenminister Colin Powell in die Konfliktregion.

Doch auch der oberste Diplomat der USA konnte zwischen den verhärteten Fronten nicht vermitteln.

Dass mit dem "Bulldozer" Ariel Scharon und Jassir Arafat eine friedliche Lösung erreicht werden kann, scheint immer unwahrscheinlicher. Der Frieden im Nahen Osten liegt fern wie lange nicht mehr.

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