Arbeitskultur:Jenseits des Jobs

Wer gute Mitarbeiter will, muss deren Privatleben respektieren.

Von Vera Schröder

Die Aussagen der Mitarbeiterinnen sind erschreckend: "Meine Chefin hat mich angeschrien, dass ich die Zeit, die ich im Mutterschutz verliere, aufholen muss. Ich war da mit Zwillingen schwanger. Als sie gegangen ist, musste ich mich sofort übergeben." Die Rede ist von Tania Singer, der nun freigestellten Direktorin der Abteilung Soziale Neurowissenschaften des Max-Planck-Instituts in Leipzig. Ausgerechnet die Empathie-Forscherin soll insbesondere Schwangere und junge Mütter drangsaliert haben.

Ein bedauerlicher Einzelfall ist das nicht. In der deutschen Arbeitsrealität müssen sich viele (werdende) Mütter oder Väter, die Elternzeit nehmen, vor diskriminierenden Kommentaren oder direkten Konsequenzen für ihre Jobs fürchten. Das heißt nicht, dass ein herausgerutschtes "Schwanger? Oh nein!" vom Chef mit den wohl massiven Einschüchterungen Singers gleichzusetzen ist. Aber das eine ist der Nährboden für das andere.

Eine Arbeitskultur, in der Chefs zuerst an vermeintliche Nachteile für ihren Laden denken, wenn sie merken, dass Mitarbeiter ein Leben jenseits des Jobs haben, ist nicht zeitgemäß. Sie verkennen, dass diese Menschen ein Unternehmen ausmachen. Wer die Besten gewinnen will, sollte Eltern nicht verunsichern, sondern ihnen ein gutes Arbeitsleben neben der Familie aktiv ermöglichen.

© SZ vom 07.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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