Araber im Westjordanland sind unterversorgt:Israel gräbt Palästinensern das Wasser ab

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Während die Menschen im Westjordanland jeden Tropfen Wasser sparen müssen, werden in jüdischen Siedlungen nebenan Autos gewaschen. Besonders in den heißen Sommermonaten leiden die Palästinenser unter ihrer desaströsen Wasserversorgung durch Israel.

Thorsten Schmitz

In den palästinensischen Kleinstädten Bidu und Katana nahe Ramallah im Westjordanland leben etwa 50.000 Menschen, in der nur wenige hundert Meter entfernt liegenden jüdischen Siedlung Har Adar 3000. In den Häusern und Wohnungen von Bidu und Katana fließt entweder gar kein Wasser aus den Hähnen oder nur zeitweise, und dann auch nur mit wenig Druck. In der Siedlung Har Adar werden die grünen Wiesen selbst bei großer Hitze mit Wasser gesprengt und staubige Autos gewaschen.

Anhaltende Trockenheit lässt vielerorts Flüsse und Seen versiegen. (Foto: Foto: Reuters)

Die zwei palästinensischen Kleinstädte und die jüdische Siedlung werden aus demselben Wasserreservoir versorgt. Für die ungerechte Verteilung ist die israelische Wassergesellschaft Mekorot verantwortlich. Der Monopolist liefert den 50.000 Bewohnern von Bidu und Katana nur die Hälfte des Wassers, das sie brauchen; den Rest müssen die Palästinenser von privaten Anbietern kaufen. Besonders in den heißen Sommermonaten spielt sich nun täglich ein Kampf ums Wasser in Bidu und Katana ab. Wenn die Tanklaster mit Frischwasser eintreffen, rennen Kinder, Frauen und alte Männer mit Eimern, Töpfen und Kanistern auf die Lieferanten zu.

Kleiderwäsche mit Abwaschwasser und zu wenig zu trinken

Das private Frischwasser ist bis zu sechsmal so teuer wie das Wasser, das Mekorot anbietet. So sind die Bewohner von Bidu und Katana gezwungen, jeden Tropfen zu sparen. Mit Abwaschwasser waschen sie Kleider, geduscht wird nur alle paar Tage, und getrunken viel zu wenig. Die israelische Menschenrechtsorganisation Betselem hat am Dienstag einen Bericht veröffentlicht, der Israel Wasserdiebstahl vorwirft. Der Wassermangel in dem von Israel 1967 eroberten und seitdem mit 280.000 jüdischen Siedlern bevölkerten Gebiet habe "schwerwiegende Folgen" für die dort lebenden zwei Millionen Palästinenser.

Nach einer Untersuchung von Betselem stehen den Palästinensern im Westjordanland täglich nur 60 Liter Trinkwasser zur Verfügung, in manchen regenarmen Gebieten im Norden sogar nur 30 Liter. Die jüdischen Siedler dagegen konsumierten bis zu 330 Liter täglich. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schreibt eine Mindestfrischwasser-Menge von 100 Litern vor. Israel erlaubt es den Palästinensern auch nicht, neue Grundwasserbrunnen zu bohren.

Jedes Jahr werden palästinensische Klagen lauter. Und der Spiegel in den Grundwasserreservoirs sinkt. Seit mehreren Jahren hat es zu wenig geregnet, um die unter dem Westjordanland liegenden Vorkommen aufzufüllen. Sollte der kommende Winter erneut trockener als normal ausfallen, so warnte bereits Infrastrukturminister Benjamin Ben-Elieser, müssten auch die Israelis mit erheblichen Einschränkungen rechnen. Es wird erwogen, ähnlich wie in Nord-Spanien Parks und Brunnen nicht mehr mit Wasser zu versorgen.

Wilde Brunnen

Betselem schreibt in ihrem Bericht, dass die Palästinenser schon jetzt die Hauptleidtragenden des Mangels seien. Israel, das die Hoheit über das Wasser unterhalb des Westjordanlands besitzt, diskriminiere die Palästinenser, indem es ihnen nach Gutdünken den Hahn abdrehe. Viele arme Palästinenserfamilien würden nun "wilde Brunnen" bohren, die unsauber seien, was zu einem Anstieg von Infektionskrankheiten führe.

Bassam Sawalhi von der palästinensischen Wasserbehörde schätzt, dass in diesem Jahr bis zu 70 Millionen Kubikmeter Wasser in den Palästinensergebieten fehlten. Man habe den israelischen Wassermonopolisten Mekorot um Hilfe gebeten - und bis dato keine Antwort erhalten. Sawalhi klagt, dass die Palästinenser in diesem Sommer mehr Geld für das von Israel gelieferte Wasser zahlen müssten, "obwohl wir immer weniger bekommen". Der palästinensische Experte von der Universität Bir Zeit erklärt, dass die Wassermenge, die Israel an die Palästinenser liefern muss, im Rahmen der Oslo-Verträge bereits 1994 festgelegt worden sei. "Seitdem ist die Menge gleich geblieben, obwohl sich unsere Bevölkerung um Hunderttausende vergrößert hat."

© SZ vom 2.7.2008/dgr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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