Anzeigen zur Jugendgewalt-Debatte:Grüne Annonce, gelber Ärger

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"Schon ein wenig dreist" - Warum Inserate der Grünenfraktion zur Debatte um Jugendgewalt den Bundestagsvizepräsidenten Hermann Otto Solms in Wallung bringen.

Thorsten Denkler und Oliver Das Gupta

Eigentlich könnte man die Aufmachung auch als Fanal für die Hamburg-Wahl deuten: Schwarz und Grün prangt in den Donnerstagsausgaben mehrerer deutscher Zeitungen eine Anzeige, die Bezug nimmt auf die Debatte um Jugendgewalt, die derzeit hochemotional geführt wird.

Grün auf schwarz: die umstrittene Anzeige, hier in der SZ. (Foto: Scan: Thiessat)

"Handeln", liest man dort, und dann kleiner "statt einfach sitzen lassen", ein Zitat aus der Rede von Renate Künast, die sie am Vortag im Bundestag gehalten hatte. In der Anzeige taucht nicht ihr Name auf, dafür der Verweis auf die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Eben dies brachte heute Hermann Otto Solms in Wallung. Der FDP-Politiker und Vizepräsident des Bundestages schäumt: "Ich bin aus dem Staunen nicht herausgekommen als ich heute die Zeitungen aufgeschlagen habe. Das ist unzulässig!"

Solms wittert in der Grünen-Anzeige zehn Tage vor den wichtigen Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen Wahlwerbung - und die ist nicht erlaubt, wenn sie aus der Fraktionskasse beglichen wird. "Das erhebt den Verdacht der unzulässigen Parteienfinanzierung", schimpft Solms denn auch im Plenum: Die Grünen könnten "nicht mit Geldern der Bundestagsverwaltung Wahlkampf finanzieren."

Bei den Grünen wiegelt man ab: Zwar seien die Anzeigen aus dem "Topf für Öffentlichkeitsarbeit der Fraktion" bezahlt worden, hätten aber einen "klaren parlamentarischen Bezug", sagt Christoph Schmitz, Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion zu sueddeutsche.de.

Die Fraktion bearbeite den Themenkomplex "Jugendchancen, Jugendbildung, Chancengerechtigkeit sowie Jugendkriminaltät und Integration" schon seit langem, so Schmitz. Die Anzeigen gehörten folglich zur Öffentlichkeitsarbeit der Parlamentarier, sie seien "kein Schnellschuss".

Schmitz verweist auch auf die Bundeskanzlerin. Die habe ja schließlich betont, dass dieses Thema breit und parlamentarisch diskutiert werden solle.

Solms scheinen solche Erklärungen nicht zu überzeugen: "Die Grünen merken, dass sie an eine Grenze gestoßen sind", sagte er im Gespräch mit sueddeutsche.de.

Gelassene Grüne

Was ihn besonders ärgert: Die Grünen hätten gerade in Zeitungen inseriert, die dort erscheinen, wo Urnengänge anstünden. Solms nennt die Frankfurter Rundschau und die Frankfurter Allgemeine für Hessen, Hannoversche Allgemeine und die ebenso dort erscheinende Neue Presse für Niedersachsen. In Hamburg soll sie auch erschienen sein.

"Zehn Tage vor der Wahl ist das schon ein wenig dreist", sagt Solms. Die Causa solle vom Bundesrechnungshof geprüft werden. Die Grünen sehen das gelassen. "Wir begrüßen es, wenn er prüft", sagt Fraktionssprecher Schmitz.

Vorher wird auch die Bundestagsverwaltung nicht in Aktion treten: "Wir werden immer erst dann tätig, wenn der Rechnungshof eine zweckwidrige Verwendung der Fraktionsmittel festgestellt hat", sagt ein Sprecher zu sueddeutsche.de.

Der Rechnungshof wird sich wohl auch mit dem Umstand beschäftigen, dass in der Anzeige Themen wie Polizeisicherheit und Bildung gestreift werden. Die sind zu großen Teilen Ländersache und nicht die des Bundes.

Die Anzeige erschien heute übrigens auch in der Süddeutschen Zeitung. Für FDP-Mann Solms hat das einen einfachen Grund: "In Bayern stehen am 2. März Kommunalwahlen an".

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