Antisemitismus:"Schande für unser Land"

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Bundesinnenminister Thomas de Maizière verurteilt antisemitische Straftaten und Hetze. Er fordert von einer Expertenkommission die Installierung eines speziellen Beauftragten in der neuen Bundesregierung.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich für einen Antisemitismusbeauftragten in der neuen Bundesregierung ausgesprochen. "Nicht nur aufgrund der jüngsten Vorfälle halte ich es für richtig, einen Antisemitismusbeauftragten einzusetzen", sagte er der Bild am Sonntag. Dies habe auch die unabhängige Expertenkommission beim Innenministerium empfohlen.

Mit Sorge beobachte er die Zunahme antisemitischer Hetze, so der Minister weiter: "Jede antisemitisch motivierte Straftat ist eine zu viel und eine Schande für unser Land." Es gehe dabei auch um die "Zunahme von abschätzigen Bemerkungen, unpassenden Witzen und diskriminierendem Verhalten gegen unsere jüdischen Mitbürger. Judenfeindlichkeit darf in Deutschland nie wieder um sich greifen."

Der Zentralrat der Juden appelliert an Muslimverbände, auf deutsche Werte hinzuweisen

De Maizière sprach sich deshalb auch für ein härteres Vorgehen gegen israelfeindliche Demonstranten aus: "Wir können nicht dulden, wenn Fahnen eines Staates öffentlich verbrannt werden." Dies sei das symbolische Vernichten des Existenzrechts eines Landes, und "hier sollte, wenn möglich, polizeilich eingegriffen werden".

Auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) forderte ein hartes Vorgehen gegen anti-israelische Ausschreitungen in Deutschland. "Ich finde es unerträglich, dass in Deutschland israelische Flaggen brennen", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Solche Ausbrüche von Hass dürfen nicht auf unseren Straßen zelebriert werden."

Der Zentralrat der Juden in Deutschland appellierte an die Muslimverbände, stärker gegen antisemitische Tendenzen in Moscheegemeinden vorzugehen. "Repräsentanten der Muslime haben sich durchaus gegen Antisemitismus positioniert", sagte der Präsident des Zentralrates, Josef Schuster, der Zeitung Die Welt. Das Problem aber sei, dass die muslimischen Verbände meist nur einen kleinen Teil der Moscheegemeinden erreichten. "Und hier muss man leider sehen, dass in vielen dieser Moscheegemeinden weiter nicht nur nicht gegen Antisemitismus vorgegangen wird, sondern weiterhin Vorbehalte gegen Juden und gegen Israel verbreitet werden und von Imamen entsprechend gepredigt wird." Die muslimischen Verbände seien aufgerufen, sehr klar einzuwirken und deutlich zu machen, welcher Wertekodex in Deutschland gelte und für alle, die in diesem Land leben wollten, bindende Voraussetzung sei.

Einen Antisemitismusbeauftragten im Kanzleramt forderte auch Charlotte Knobloch. Jüdische Menschen müssten um Leib und Leben fürchten, sagte die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Auf deutschen Straßen entlade sich ein offener, aggressiver Judenhass. Ein Mob aus meist arabischen Jugendlichen und türkischen Nationalisten tobe sich ungehindert aus. "Hier geht es nicht um Trump oder Jerusalem, sondern um blanken Antisemitismus, der durch nichts zu rechtfertigen ist, und für den es in Deutschland keinen Raum geben darf", erklärte Knobloch.

Bei Demonstrationen arabischer Gruppen in Berlin waren vergangenes Wochenende israelische Flaggen verbrannt und antisemitische Parolen gerufen worden. Auslöser für die pro-palästinensischen Demonstrationen war die von US-Präsident Donald Trump verkündete Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels.

"Man darf rote Linien nicht überschreiten. Und das Verbrennen von Fahnen ist eine solche Linie", sagte der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, der Berliner Zeitung. "Politische Bildung heißt, dass wir reflektieren, welche Verantwortung Deutschland gegenüber dem Staat Israel hat - vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Deutschen Verantwortung tragen für sechs Millionen während des Nationalsozialismus ermordete Juden." Deshalb könne eine Politik nicht an der Tagesordnung sein, die Israel infrage stelle und dessen Flagge diskreditiere, sagte Krüger weiter.

© SZ vom 18.12.2017 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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