Anti-IS-Koalition:Heikle Bitte an die Partner

Lesezeit: 2 min

Die USA wollen im Kampf gegen die IS-Terrormiliz Aufklärungsflugzeuge der Nato einsetzen. Deren Besatzung kommt in Teilen auch aus der Bundeswehr. Doch in Berlin stößt das Ansinnen auf Skepsis.

Von S. Braun und D. Brössler, Brüssel/Berlin

Das Ansinnen aus Washington erreichte die Nato im Dezember - und es verhieß Ärger. Es ging, wie das Bündnis nun bestätigt, um die Bitte um "konkrete Unterstützung" für die Koalition gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) "in Form von Nato-Aufklärungsflugzeugen". Diese Bitte sei nun im Bündnis "in der Diskussion". So kann man es nennen: Die Frage, inwieweit sich die Allianz an der Anti-IS-Koalition beteiligen soll, ist umstritten. Bisher konnte sie sich auf keinen Beitrag verständigen. Aus Sicht der Amerikaner muss das anders werden. Sie sind interessiert an Awacs-Aufklärungsflugzeugen der Nato, die mit ihrer Spezialtechnik für Luftangriffe der Anti-IS-Koalition in Syrien und im Irak als fliegender Gefechtsstand dienen könnten. Die 16 Maschinen sind im deutschen Geilenkirchen stationiert. Etwa ein Drittel der Besatzung kommt aus der Bundeswehr.

Beschlossen werden könnte der Awacs-Einsatz in der Nato nur mit der Zustimmung aller

Auf Skepsis stößt das Ansinnen in Berlin. Man bleibe bei den schon geäußerten großen Zweifeln, heißt es aus der Bundesregierung. Schon bei einer ersten Debatte um die Frage, die Awacs-Maschinen der Nato auch im Anti-IS-Kampf einzusetzen, seien Anfang Dezember im Nato-Rat außer den Amerikanern und dem Nato-Generalsekretär die meisten dagegen gewesen - so beispielsweise die Franzosen, die Italiener und eben auch die Deutschen. Nun werde man nicht gleich ausdrücklich Nein rufen, sondern natürlich darüber sprechen. In Berlin wird darauf verwiesen, dass eine offizielle Nato-Beteiligung an den Luftschlägen in Syrien und im Irak viele arabische Partner in der Anti-IS-Koalition abschrecken könnte. Darüber hinaus ist man in der Bundesregierung der Auffassung, dass der Einsatz von Nato-Flugzeugen, zumal als Gefechtsstand, vieles erheblich verkomplizieren und verzögern könnte. Das gelte insbesondere für die Frage, wie und mit welchem Aufwand man einzelne Informationen an Koalitionsmitglieder weitergibt, die nicht der Nato angehören. ,,Hier wären komplizierte Prüfungen und Abstimmungen nötig, das würde zu erheblichen Verzögerungen führen, die eigentlich keiner wollen kann'', heißt es.

Der Druck aus den USA dürfte allerdings nicht ohne Weiteres nachlassen. Nicht nur angesichts der Herausforderungen im Osten, sondern auch im Süden sei die "Solidarität der Nato als Allianz extrem wichtig", betonte US-Verteidigungsminister Ashton Carter am Donnerstag in Paris. Genau darum geht es: Wiewohl Generalsekretär Stoltenberg versichert, die Nato spiele eine "Schlüsselrolle" im Kampf gegen den IS, ist sie ganz ausdrücklich nicht Teil dieser Koalition aus mehr als 60 Staaten. Stoltenberg verweist in diesem Zusammenhang zwar gerne darauf, dass doch alle Mitglieder der Nato als Staaten an der Anti-IS-Koalition beteiligt sind, verhehlt aber kaum sein Interesse an einem stärkeren Engagement "als Allianz" wie Carter es formuliert. Beschlossen werden könnte der Awacs-Einsatz in der Nato allerdings nur mit der Zustimmung aller.

Bereits entschieden ist eine Verstärkung der türkischen Luftabwehr mit Awacs-Aufklärern. Hierfür hält die Bundesregierung ein Mandat des Bundestages nicht für nötig. Ein Awacs-Einsatz für die Anti-IS-Koalition würde nach Ansicht der Grünen ein Bundestags-Mandat erfordern.

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: