Anschlag in Berlin:Wohl kein Griff ins Lenkrad

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Laut des Obduktionsberichts wurde bereits lange vor dem Attentat auf dem Breitscheidplatz auf den polnischen Fahrer Lukasz U. geschossen.

Anders als zunächst gemutmaßt, hat der beim Berliner Weihnachtsmarkt-Anschlag getötete polnische Lastwagenfahrer offenbar doch nicht mehr ins Geschehen eingreifen können. Wie die Bild-Zeitung berichtet, hätten die abschließenden Obduktionsergebnisse ergeben, dass der Attentäter schon früher auf Lukasz U. geschossen habe. Demnach erlitt der Pole schon zwischen 16.30 und 17.30 Uhr einen Kopfschuss. Der Sattelschlepper wurde um kurz nach 20 Uhr am 19. Dezember in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche gesteuert. Die Bundesanwaltschaft äußerte sich nicht zu dem Bericht.

Die Zeitung schreibt weiter, nach den Obduktionsergebnissen sei es möglich, dass Lukasz U. zum Zeitpunkt des Anschlags noch gelebt hat. Mediziner würden aber ausschließen, dass er in der Lage war, bewusst zu handeln. Damit sei ein Griff ins Lenkrad während des Attentats nicht möglich gewesen. Die Spuren am Lenkrad seien vermutlich entstanden, als sein Körper beim heftigen Aufprall dagegen geschleudert wurde. In den vergangenen Tagen hatten sich im Internet Zehntausende Menschen für eine posthume Ehrung des Polen eingesetzt. Ausgangspunkt war die Annahme, dass er eine noch größere Katastrophe auf dem Weihnachtsmarkt in der Innenstadt verhindert hat. Lukasz U. gehört zu den insgesamt zwölf Todesopfern des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt.

Die Idee einer hohen Ehrung hatte bis zu dem neuen Bericht immer mehr Unterstützer gefunden. Bis zum Dienstagabend hatten knapp 39 000 Menschen eine Onlinepetition für Lukasz U. bei "change.org" unterzeichnet. Das Ziel: die posthume Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. Die Unterschriften sollen Bundespräsident Joachim Gauck übergeben werden. Der Sohn eines der Opfer hat am Dienstagabend am Brandenburger Tor Europas größten Chanukka-Leuchter entzündet. Or Elyakim zündete stellvertretend für alle Opfer die vierte Kerze an. Seine Mutter war bei dem Anschlag getötet worden, sein Vater erlitt schwere Verletzungen. Das diesjährige Chanukkafest ist den Opfern des Anschlags auf dem Weihnachtsmarkt gewidmet. Zu der Entzündung der vierten Kerze hatten sich christliche, muslimische und jüdische Vertreter am Brandenburger Tor versammelt.

© SZ vom 28.12.2016 / epd, SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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